Landtagssitzung
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Politik

Opposition sieht Regierung Platter wackeln

Der Doppelwechsel innerhalb der Tiroler ÖVP-Regierungsriege ist für die Opposition Beweis, dass es große offene Baustellen gibt. Die Rede ist auch von Ablenkungsmanövern wegen der Affäre um zweifelhafte PCR-Tests. Die Grünen als ÖVP-Koalitionspartner bekräftigten die Zusammenarbeit.

Die Tiroler SPÖ als größte Oppositionspartei im Landtag betonte am Mittwoch, dass die Entwicklung zeige, „dass der Landeshauptmann die ganze Sache nicht mehr im Griff hat“, wie Parteichef Georg Dornauer meinte. Die FPÖ argumentierte ähnlich, für den freiheitlichen Obmann Markus Abwerzger schare Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) jetzt die letzten Getreuen um sich.

Als Anfang vom Ende der Regierung Platter sah die Liste Fritz den Wechsel in der Landesregierung. Der Rücktritt von Wirtschaftslandesrätin Patriza Zoller-Frischauf und Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (beide ÖVP) „mögen gestern Abend überraschend erfolgt sein, sie sind aber seit langem überfällig“. Bei NEOS Tirol werden die Rücktritte als Beleg gesehen, dass offenbar auch innerhalb der Tiroler ÖVP viele offene Baustellen in der Landesregierung geortet wurden.

Lab Truck von HG Pharma,
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Die Oppositionsparteien sahen die Rücktritte im Zusammenhang mit der Affäre um die PCR-Tests der Firma HG Pharma

Grüne wollen Kontinuität in der Landesregierung

Die Grünen als kleiner Koalitionspartner in der Landesregierung beharrten darauf, dass trotz der Regierungsumbildung auf ÖVP-Seite die gemeinsamen Ziele weiter verfolgt werden. LH-Stellvertreterin Ingrid Felipe erklärte am Mittwoch, dass der Zeitpunkt der Rücktritte von Zoller-Frischauf und Tilg am Vorabend „für alle überraschend“ kam. Jetzt sei eine geordnete und schnelle Übergabe an die Nachfolger wichtig.

Annette Leja und Anton Mattle würden „Qualität und Expertise in den jeweiligen Bereichen mitbringen“, so Felipe. An den fünf wesentlichen Zielen der Landesregierung werde das nichts ändern. Dazu würde gehören, Tirol mit Innovation und Nachhaltigkeit aus der Krise zu führen, vor allem auch im Klima- und Energiebereich. Die grüne Landeshauptmannstellvertreterin nannte aber auch soziale Absicherung, leistbares Wohnen, den Verkehr und den Naturschutz als wichtige Punkte.

Dornauer: Flucht nach vorne durch Landeshauptmann

Für den SPÖ-Landesvorsitzenden Georg Dornauer hat Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) die Flucht nach vorne angetreten. Die beiden Landesräte Zoller-Frischauf und Tilg „waren in der größten Gesundheits- und Wirtschaftskrise seit Monaten de facto abgemeldet“.

Der neue Wirtschaftslandesrat Anton Mattle (ÖVP) sei „ein netter Mensch und guter Bürgermeister“. Ob er dieser großen Herausforderung jetzt gewachsen sei, das werde man sehen, so Dornauer weiters. Zur neuen Gesundheitslandesrätin Annette Leja könne er dagegen nicht viel sagen, „weil Privatkliniken nicht zu den Hauptthemen der Sozialdemokratie gehören“. Leja war bisher Geschäftsführerin des Sanatoriums Kettenbrücke in Innsbruck.

FPÖ spricht von zerbröckelndem „Haus Platter“

Der Tiroler FPÖ-Obmann Markus Abwerzger sah im Wechsel innerhalb der ÖVP-Regierungsriege keine „geplante Übergabe an die neuen Regierungsmitglieder“. Vielmehr orteten die Freiheitlichen eine „politische Schnellschuss- und Verschleierungsaktion“, damit Landeshauptmann Platter von der Causa der fehlerhaften PCR-Testungen und dem Testauftrag an die Firma HG Pharma ablenken könne. Das Fazit Abwerzgers: „Das Haus Platter fängt zu zerbröckeln an.“ Die zwei Rücktritte waren „eher eine Flucht, ich frage mich nur wovor“, so Abwerzger. Tilgs Rückzug sei angesichts der „Pannenserie im Corona-Management“ aber ohnehin zu spät gekommen.

Zugleich kündigte Abwerzger an, dass es für die beiden neuen ÖVP-Mitglieder in der Landesregierung angesichts der massiven Krise keine politische Schonfrist von Seiten der FPÖ geben werde. Der freiheitliche Landesobmann merkte in diesem Zusammenhang an, dass er Anton Mattle persönlich schätze, „aber eine Ansage für den notwendigen wirtschaftlichen Aufschwung und die notwendige Weichenstellung – gerade im Tourismus – ist seine Bestellung keine“.

Anton Mattle im Tiroler Landtag
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FPÖ und Liste Fritz sehen im neuen Wirtschaftslandesrat Toni Mattle kein Signal für die Zukunft, auch die SPÖ hat Zweifel

Liste Fritz spricht von Ablenkungsmanöver

Die Liste Fritz sah die Rücktritte ebenfalls im Lichte der aktuellen Affäre um die PCR-Tests, sie hatte mit ihrer Kritik an dem Millionenauftrag für die Firma HG Pharma die Causa ins Rollen gebracht. „Der Doppelrücktritt stellt einerseits ein politisches Ablenkungsmanöver von Platter dar und ist andererseits als Befreiungsschlag für Platter gedacht. Platter opfert zwei Landesräte, um selbst ungeschoren aus der Affäre zu kommen“, urteilte Klubobfrau Andrea Haselwanter-Schneider. Die Liste Fritz werde bei diesem politischen Manöver aber nicht mitspielen, die Letztverantwortung bleibe bei Platter als Regierungschef.

Tilg habe mit seinem Rücktritt „diesmal wirklich alles richtig gemacht“, sah die Liste Fritz auch abseits der CoV-Krise eine Reihe von Fehlern beim bisherigen Gesundheitslandesrat von der Spitalsreform in Tirol bis hin zum neuen Gehaltsschema für tausende Pflegemitarbeiter. Die Liste Fritz kritisierte zugleich die Rückkehr Tilgs zur Privatuniversität UMIT in Hall, die zu 90 Prozent in Landeshand steht. Die UMIT sei „kein Auffangbecken für einen gescheiterten ÖVP-Landesrat“, so die Kritik. Von den neuen ÖVP-Regierungsmitgliedern verlangte die Liste Fritz, dass sie sofort ins Arbeiten kommen, wobei Mattle als Wirtschafslandesrat keine Ansage für einen Neustart in der Tiroler Wirtschaftspolitik sei.

NEOS: ÖVP hat auch interne Baustellen erkannt

Offenbar habe man auch innerhalb der Volkspartei erkannt, dass es Handlungsbedarf gebe, so NEOS-Klubobmann Dominik Oberhofer. Die Landesregierung habe in den vergangenen Monaten viele Baustellen offengelassen, nicht in nur in der Bewältigung der Coronavirus-Krise. Das hat schließlich zur Regierungsumbildung innerhalb der ÖVP-Riege geführt.