Rollstuhl
Pixabay/stevepb
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Soziales

Forderung nach mehr Chancengleichheit

Der 5. Mai ist der europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung. Sie sind häufig immer noch in ihrer freien Teilhabe am gesellschaftlichen Leben eingeschränkt oder müssen mit Barrieren kämpfen – vom Wohnen bis zum Arbeiten.

Menschen mit Behinderungen sollen über dieselben Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft verfügen können. Dieses Recht ist in der UN-Behindertenrechtskonvention verankert. Demnach sollten Menschen mit Behinderungen also derart unterstützt werden, dass sie etwa statt in Heimen und Wohneinrichtungen selbstständig wohnen können.

Der Zimmerschlüssel als Grundrecht

Selbstständiges Wohnen verhindere unverhältnismäßige Einschränkungen der Autonomie und Selbstbestimmung, etwa fehlende Rückzugsmöglichkeiten, unzureichende Berücksichtigung der Privatsphäre und eingeschränkte Entscheidungsgewalt über die Tagesgestaltung, wie Isolde Kafka betonte – die Vorsitzende des Monitoringausschusses zur Überwachung der Rechte von Menschen mit Behinderung: „Wir müssen weg von der Betreuung und hin zur Begleitung. Gerade Wohnen ist ein zentrales Grundbedürfnis von Menschen“, so Kafka.

Im Rahmen der Stellungnahme „Wohnen 3“ des Monitoringausschusses wurde ein umfangreicher Fragenkatalog für Betroffene, Institutionen, Verwaltungen, und Interessierte erstellt. Es soll zum Nachdenken und zu Diskussionen anregen. Fragen wie „Kann ich mein Zimmer abschließen?“ oder „Wie wird der Speiseplan erstellt?“, mögen auf den ersten Blick banal scheinen, seien aber besonders für Menschen mit Behinderungen, die in Heimen oder Wohngruppen leben, von zentraler Bedeutung“, betonte Kafka.

Mann auf Schaukel
ORF
Viele Menschen mit Behinderung tun sich schwer, einen erfüllenden Job zu finden

Firmen können sich „freikaufen“

Auch der Tiroler Gewerkschaftsbund forderte unterdessen mehr Chancengleichheit für Menschen mit Behinderung: Immer noch zu wenige Menschen mit Behinderung bekämen derzeit etwa die Chance, ein geregeltes Arbeitsverhältnis in einem Betrieb, der auch Menschen ohne Behinderung beschäftigt, zu beginnen, so ÖGB-Vorsitzender Philip Wohlgemuth. Tirolweit gebe es derzeit zwar einige Unternehmen, die Menschen mit Behinderung beschäftigen – gesetzlich festgesetzt ist die Beschäftigung von mindestens einer Person mit Behinderung pro 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dennoch gingen viele Betriebe den vermeintlich leichteren Weg und arrangieren sich mit den anfallenden Ausgleichszahlungen bei Nichtbeschäftigung dieser Personengruppe.

Die Firmen verpassten dabei die einzigartige Chance, ein Inklusionsbetrieb zu werden: „Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer ist gleich wertvoll und leistet einen großen Beitrag zum gesamten betrieblichen Erfolg. Unsere Gesellschaft ist vielfältig, genauso gestaltet sich die Arbeitswelt. Es muss endlich ein Umdenken geschehen, Menschen mit Behinderung nicht als Last oder Mehrarbeit wahrzunehmen, sondern als Möglichkeit, neue Perspektiven kennenzulernen“ betonte der ÖGB-Chef und sprach sich gegen Diskriminierung aus.

ÖGB: „Voraussetzungen adaptieren!“

Der Tiroler ÖGB-Chef forderte die Änderung der Ausgleichstaxe im Behinderteneinstellungsgesetz: „Diese muss die Höhe durchschnittlicher Lohnkosten erreichen, damit es für Unternehmen unattraktiv wird, sich mittels Taxe der Beschäftigung Behinderter zu entziehen. Außerdem sollten die Voraussetzungen für die Einstellungspflicht für begünstigte behinderte Menschen von derzeit 25 auf 20 Dienstnehmerinnen oder Dienstnehmer gesenkt werden. Ein zentraler Punkt zur gelebten Inklusion wäre zudem die Stärkung der Behindertenvertrauenspersonen.“

Von der derzeitigen Krise sind Menschen mit Behinderung besonders stark betroffen. Nicht nur, weil viele von ihnen zur Risikogruppe gehören, auch die oftmals sehr persönliche und körpernahe Betreuung gestaltet sich schwieriger als sonst. „Das ist sehr problematisch, da die gezielte Förderung hier auf der Strecke bleibt“ warnte Wohlgemuth. Ein gesicherter Arbeitsplatz helfe Menschen mit Behinderung, auch in diesen herausfordernden Zeiten den Mut und ihre sozialen Kontakte nicht zu verlieren.