Muster einer Scheckkarte mit QR-Code als digitaler Impfpass
Reuters/Marcus Nagele
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Politik

Grüner Pass: Ethische und rechtliche Fragen

Im April soll in Österreich der „Grüne Pass“ eingeführt werden, europaweit dann Anfang Juni. Das ist ein Ausweis, in dem neben Impfungen auch Covid-Infektionen und Tests vermerkt werden sollen. Als „Zuckerl“ soll der Pass Erleichterungen bringen. Wie ist so ein Impfausweis aus ethischer und vor allem rechtlicher Sicht zu bewerten?

Die Vorfreude auf mögliche neue Freiheiten durch den „Grünen Pass“ ist groß. Ein QR-Code soll Erleichterungen bringen beim Ziel, die Virusverbreitung zu stoppen. Vor allem Geimpfte erhoffen sich uneingeschränkte Reisefreiheiten.

Marie-Luisa Frick, Rechtsphilosophin Uni Innsbruck
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Marie-Luisa Frick unterrichtet ethische Probleme im Pandemiegeschehen.

Für Maria-Luisa Frick, Rechtsphilosophin der Universität Innsbruck, stellen sich aus ethischer Sicht einige Fragen. „Diese Fragen betreffen vor allem auch die wissenschaftlichen Grundlagen einer solchen Regelung. Wir können derzeit noch nicht sagen, ob dieser Pass als Bestätigung gilt, dass alle Personen, die geimpft sind, nicht auch Überträger des Virus sein können.“

Beim „Grünen Pass“ herrsche – entgegen den Prinzipien von Justizia – wenig Weitsicht. Frick hält diesen Ausweis für übereilt. „Ich befürchte, dass man es hier gar nicht so genau wissen will, und den Menschen einfach einen Ausweg weisen möchte aus unserem Dilemma, auch dem Tourismus Hoffnung machen und das halte ich für problematisch.“

Dokument verhindert keine Quarantäne

Europarechtsexperte Walter Obwexer von der Uni Innsbruck verweist auf die Grenzen des „Grünen Passes“. „Die Verordnung sieht lediglich vor, dass wenn die Mitgliedsstaaten trotz dieses Zertifikats für die Einreise in ihr Hoheitsgebiet noch einen zusätzlichen Test verlangen oder sogar Quarantäne oder Selbstisolation vorschreiben, dann dürfen sie das tun. Sie müssen es nur der Kommission und den anderen Mitgliedsstaaten mitteilen.“

Handy mit QR Code betitelt mit „Vaccination certificate“
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Eine Regelung, die jetzt schon einen langen Schatten hinsichtlich Urlaubsplanung wirft. Die Freizügigkeit darf also kein Land unterbinden, jedoch Bestimmungen daran knüpfen. Und im privaten Bereich – europaweit – wird es wohl nicht besser ausschauen, mit dem langen Schatten der Unsicherheit, befürchtet Obwexer.

Professor für EU-Recht, Walter Obwexer
ORF
EU-Experte Walter Obwexer

Je nach Land unterschiedliche Freiheiten

„Darf ich ins Theater, darf ich in Schwimmbäder, darf ich in andere Kulturveranstaltungen, zum Frisör oder was auch immer – das kann die Kommission nicht regeln, dafür hat sie die Kompetenz nicht, das bleibt bei den Mitgliedsstaaten.“

Bleibt noch die Frage der Gültigkeitsdauer. Wie lange kann man mit dem „Grünem Pass“ die neu gewonnenen Freiheiten genießen? Auch das sei offen, so der Europarechtsexperte Obwexer. „Jeder Mitgliedsstaat entscheidet selbst, wie lange dieses Zertifikat gilt. Österreich könnte jederzeit festlegen, dass das Impfzertifikat sechs Monate ab Impfung gilt oder neun Monate, währenddem andere Mitgliedsstaaten dieses Zertifikat in der Gültigkeit verkürzen.“

Angst vor Schnellschuss

Die Rechtsphilosophin Marie-Luisa Frick hält eine genaue Abwägung für den „Grünen Pass“ für notwendig. „Es wäre wünschenswert, dass hier die besten Köpfe zusammenarbeiten aus den Wissenschaften, aus der philosophischen Ethik, auch aus der Immunologie, dass hier keine Schnellschüsse passieren. Aber genau das wird derzeit wahrscheinlich kommen.“