Pakete und Paketzusteller
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Chronik

Prozess legte Paketzusteller-Alltag offen

In Innsbruck ist am Montag ein 29-jähriger Paketzusteller vor Gericht gestanden. Er musste sich wegen Veruntreuung verantworten, weil im Zuge von Lieferungen an Juweliere hochwertige Uhren verschwunden waren. Der 29-Jährige wurde freigesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Ganz unten in der Hierarchie sind bei den weltweit agierenden Lieferkonzernen die Fahrer der Zustellfahrzeuge. Sie seien „moderne Arbeitssklaven“, beschreibt der Verteidiger den Job seines Mandanten am Montag vor Gericht. Beschäftigt werden die Fahrer meist nicht direkt, sondern über Subfirmen.

So auch der 29-jährige Angeklagte, ein Sizilianer, der seit einem Jahr in Tirol lebt. Um 5.00 Uhr Früh beginnt er mit der Arbeit. Bis zu 500 Pakete pro Tag muss der Paketzusteller ausliefern, sein Nettolohn beträgt 1.700 Euro. Sechs Tage Urlaub hatte der Mann im letzten Jahr.

Prozess endete mit Freispruch

Eines Tages verschwanden aus den Paketbergen Luxus-Uhren im Wert von 30.000 Euro. Als Paketzusteller einer Subfirma sei er jetzt das Bauernopfer, sagte sein Anwalt. An fünf Tagen sollen die hochpreisigen Uhren von Breitling und Omega verschwunden sein. Aber schon an erstem besagten Tag hat eine andere Firma die Pakete zugestellt. Bewiesen wurde dies durch Belege. Somit endete der Prozess mit einem Freispruch für den bislang unbescholtenen Italiener.

Beim Prozess wurde ein Bild der Lieferbranche gezeichnet: Ganz unten schuften die gestressten Fahrer, in der Mitte drücken die Subunternehmer aufs Gas. Ganz oben sitzen die international agierenden Paketdienste, die auf ihrer Homepage ihre soziale Verantwortung hervorstreichen und dann mit jedem zugestellten Paket verdienen.

Der 29-jährige Sizilianer arbeitet übrigens noch immer für denselben Subunternehmer und saß am Montag in der Firmenjacke des Lieferkonzerns vor der Richterin.