Die Expertenkommission präsentierte im Oktober 35 Empfehlungen. Alle würden umgesetzt, versprach das Land Tirol damals. Vier Monate später zeigte sich Jurist und Kommissionsmitglied Karl Weber ernüchtert. „Wenn man sich die Vorgänge rund um das Zillertal mit der Südafrika-Mutante näher ansieht, fühlt man sich an Anfang März 2020 erinnert“, so Weber. Es werde sehr viel verharmlost. Die Warnungen von Experten würden nicht wirklich ernst genommen, und es dauere alles viel zu lange, erklärte Weber im ORF-Interview.
Tägliche Arbeit belastet Ressourcen
Es gebe sehr wohl Veränderungen, heißt es vom Land. Die Gesundheitsabteilungen haben eine neue Leitung erhalten, seit 1. Februar unterstehen sie dem neuen Gesundheitsdirektor Thomas Pollak. Für große Veränderungen war aber noch zu wenig Zeit, berichtete dieser. In der Pandemiebekämpfung seien die Ressourcen der gesamten Gesundheitsdirektion durch die tägliche Arbeit belastet. Man beschäftige sich allerdings auch mit der langfristigen Tangente.
Meldesystem in Tirol wurde ausgebaut
Das Krisenmanagement in Tirol wird seit Februar von Elmar Rizzoli geleitet. In seinen Bereich fällt eine der wichtigsten Forderungen der Expertenkommission. Es müssen Evakuierungspläne erstellt werden, um ein Ausreisechaos wie in Ischgl und St. Anton vor einem Jahr zu verhindern. Solche Pläne gebe es seit gut zwei Monaten, erklärt Rizzoli. Zudem sei das elektronische Meldesystem ausgebaut worden, damit auf Knopfdruck beispielsweise Ausreiseformulare für alle gemeldeten Gäste generiert werden können, so Rizzoli.
Öffentlich einsehbar sind diese Pläne nicht. In Tirol seien diese Änderungen kaum bemerkbar, denn auch die Kommunikation habe sich nach einem Jahr mit dem Coronavirus nicht verbessert, kritisiert Kommissionsmitglied Weber.
Rohrer-Bericht: „Fehleinschätzungen“, aber kein Versagen
Die Kommission unter Vorsitz von Ex-OGH-Vizepräsident Ronald Rohrer hatte den Tiroler Behörden zwar sehr wohl „Fehleinschätzungen“, aber kein „Versagen“ attestiert. Druck seitens der Tourismuswirtschaft auf Entscheidungsträger, damit das Ende der Wintersaison hinausgezögert werden könne, wurde in dem Bericht dezidiert nicht festgestellt. Der Bericht enthielt auch Kritik am Bund, es wurden Kommunikationsfehler – besonders bei der Verhängung der Quarantäne über Ischgl und St. Anton – bemängelt. Dadurch sei es zu „Panikreaktionen von Gästen und Mitarbeitern“ gekommen, die überstürzt abreisten.