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Hermann Hammer
Hermann Hammer
Wissenschaft

Wasserkraft nicht immer gut für das Klima

Stauseen zur Stromerzeugung können unter Umständen die Klimaerwärmung verstärken. Das haben Tiroler Ökologen herausgefunden. Ein See reflektiert nämlich weniger Sonnenstrahlung als die Umgebung. Bei den Tiroler Stauseen dürfte aber der positive Effekt durch die CO2-Einsparung den Effekt der Erwärmung durch die Wasseroberfläche leicht wett machen.

Ein See reflektiert deutlich weniger Sonnenstrahlung als eine Landoberfläche. So werden von der Seeoberfläche etwa fünf bis sieben Prozent der Sonnenstrahlung reflektiert, während von einer typischen Landoberfläche etwa 15 bis 25 Prozent reflektiert werden, erklärt der Leiter des Projekts Georg Wohlfahrt vom Institut für Ökologie der Universität Innsbruck.

Grafik zur Illustration des verminderten Albedo-Effekts von Stauseen
Dr. Albin Hammerle
Eine Wasseroberfläche verschluckt mehr Sonnenstrahlung als eine Landoberfläche

Dadurch wird ein Teil des durch die CO2-Einsparung gewonnen Effekts wieder zunichte gemacht. Die Forscher nahmen 724 Stauseen weltweit unter die Lupe und berechneten mit Hilfe von Satellitendaten die Unterschiede beim Reflexionsvermögen, die sogenannte „Albedo“.

Albedo

Als Albedo wird der Anteil der Sonnenstrahlung bezeichnet, der von einer Oberfläche reflektiert wird. Eine Albedo von 0.2 heißt, dass 20 Prozent der Strahlung reflektiert und 80 Prozent absorbiert werden.

Seen sehr unterschiedlich klimafreundlich

Die Forscher stellten fest, dass Stauseen bezüglich ihrer Klimafreundlichkeit sehr unterschiedlich abschneiden. Bei einer angenommenen Laufzeit einer Wasserkraftanlage von 80 Jahren überwiegt bei etwa der Hälfte der Seen nach etwa vier Jahren der positive Effekt auf das Klima.

Da dürften auch die Tiroler Stauseen dazu zählen, wenngleich diese in der Studie nicht eigens untersucht wurden. Die meisten Stauseen hier liegen in engen Tälern, das heißt sie besitzen eine relativ kleine Oberfläche im Verhältnis zum erzeugten Strom. Außerdem kommt dazu, dass vor allem hoch gelegene Seen einige Zeit mit Schnee und Eis bedeckt sind, wodurch sich die Rückstrahlung ebenfalls erhöht.

Bedenklich sind vor allem Stauseen in den Tropen

13 Prozent der untersuchten Stauseen würden aber mehr als 80 Jahre brauchen, um den Effekt durch die CO2-Einsparung wettmachen zu können. Die Errichtung solcher Anlagen ist laut Wohlfahrt zur Erreichung mittelfristiger Klimaziele kontraproduktiv. Der Studienautor sieht es als problematisch an, dass ein Großteil künftiger Wasserkraftanlagen in den Tropen geplant ist. Dortige Stauseen brauchen vergleichsweise lange um einen kühlenden Einfluss auf das Klima zu haben. Für Wohlfahrt ist der schlechteste Fall ein flacher, großer Stausee im tropischen Klima.

Albedo-Effekt sollte Teil der Genehmigungsverfahren sein

Das Forschungsteam regt an, die Berechnung des Albedo-Effekts zum Bestandteil des Genehmigungsverfahrens für Wasserkraftanlagen zu machen. Die Forschungen von Georg Wohlfahrt und Albin Hammerle vom Institut für Ökologie der Universität Innsbruck sowie von Enrico Tomelleri von der Freien Universität Bozen wurden von der Autonomen Provinz Bozen – Südtirol wie auch vom österreichischen Wissenschaftsfonds gefördert.