Ein See reflektiert deutlich weniger Sonnenstrahlung als eine Landoberfläche. So werden von der Seeoberfläche etwa fünf bis sieben Prozent der Sonnenstrahlung reflektiert, während von einer typischen Landoberfläche etwa 15 bis 25 Prozent reflektiert werden, erklärt der Leiter des Projekts Georg Wohlfahrt vom Institut für Ökologie der Universität Innsbruck.
Dadurch wird ein Teil des durch die CO2-Einsparung gewonnen Effekts wieder zunichte gemacht. Die Forscher nahmen 724 Stauseen weltweit unter die Lupe und berechneten mit Hilfe von Satellitendaten die Unterschiede beim Reflexionsvermögen, die sogenannte „Albedo“.
Albedo
Als Albedo wird der Anteil der Sonnenstrahlung bezeichnet, der von einer Oberfläche reflektiert wird. Eine Albedo von 0.2 heißt, dass 20 Prozent der Strahlung reflektiert und 80 Prozent absorbiert werden.
Seen sehr unterschiedlich klimafreundlich
Die Forscher stellten fest, dass Stauseen bezüglich ihrer Klimafreundlichkeit sehr unterschiedlich abschneiden. Bei einer angenommenen Laufzeit einer Wasserkraftanlage von 80 Jahren überwiegt bei etwa der Hälfte der Seen nach etwa vier Jahren der positive Effekt auf das Klima.
Da dürften auch die Tiroler Stauseen dazu zählen, wenngleich diese in der Studie nicht eigens untersucht wurden. Die meisten Stauseen hier liegen in engen Tälern, das heißt sie besitzen eine relativ kleine Oberfläche im Verhältnis zum erzeugten Strom. Außerdem kommt dazu, dass vor allem hoch gelegene Seen einige Zeit mit Schnee und Eis bedeckt sind, wodurch sich die Rückstrahlung ebenfalls erhöht.
Bedenklich sind vor allem Stauseen in den Tropen
13 Prozent der untersuchten Stauseen würden aber mehr als 80 Jahre brauchen, um den Effekt durch die CO2-Einsparung wettmachen zu können. Die Errichtung solcher Anlagen ist laut Wohlfahrt zur Erreichung mittelfristiger Klimaziele kontraproduktiv. Der Studienautor sieht es als problematisch an, dass ein Großteil künftiger Wasserkraftanlagen in den Tropen geplant ist. Dortige Stauseen brauchen vergleichsweise lange um einen kühlenden Einfluss auf das Klima zu haben. Für Wohlfahrt ist der schlechteste Fall ein flacher, großer Stausee im tropischen Klima.
Albedo-Effekt sollte Teil der Genehmigungsverfahren sein
Das Forschungsteam regt an, die Berechnung des Albedo-Effekts zum Bestandteil des Genehmigungsverfahrens für Wasserkraftanlagen zu machen. Die Forschungen von Georg Wohlfahrt und Albin Hammerle vom Institut für Ökologie der Universität Innsbruck sowie von Enrico Tomelleri von der Freien Universität Bozen wurden von der Autonomen Provinz Bozen – Südtirol wie auch vom österreichischen Wissenschaftsfonds gefördert.