Menschen in Einkaufszentrum
Hermann Hammer
Hermann Hammer

Lockerungen auch in Tirol in Kraft

In Tirol sperren am Montag Handel und Dienstleister wieder auf. Weiter ausständig ist eine Entscheidung, was mögliche verschärfte Maßnahmen gegen die Ausbreitung der „afrikanischen Mutante“ in Tirol betrifft. Bund und Land waren sich am Sonntag auch nach stundenlangen Gesprächen nicht einig geworden.

Die Entscheidung, ob auf Tirol wegen der Mutation noch verschärfte Maßnahmen zukommen oder doch nicht, lässt weiter auf sich warten. Nach einer beinahe ganztägigen Debatte zwischen Bundesgesundheitsminister Rudolf Anschober und Tirols Regierungschef Günther Platter (ÖVP) wurde eine Entscheidung am späten Sonntagabend vertagt. Aus dem Landhaus hatte es gegen Mitternacht gelautet, der weitere Fahrplan werde vom Bund bestimmt und voraussichtlich am Montag besprochen. Der Verhandlungsmarathon dürfte kontrovers verlaufen sein.

Zuletzt war sogar eine Isolation oder eine Lockdown-Verlängerung im Raum gestanden, die allerdings vom offiziellen Tirol und vielen ranghohen VP-Vertretern in Tirol abgelehnt wird. In deutschen Medien war durchgesickert, dass Österreich die Grenzkontrollen an allen Außengrenzen massiv verschärfen wolle. Eine offizielle Stellungnahme war trotz mehrmaliger Anfrage der APA nicht zu erhalten, die Verhandler und deren Sprecher befanden sich auf Tauchstation.

Landhaus in Innsbruck
APA/EXPA/Erich Spiess
Aus dem Tiroler Landhaus hieß es, am Montag könnte es eine Entscheidung geben

Spekulationen ärgern Landesregierung

Für Verstimmung über den Bund bei der Tiroler Regierungsspitze sorgte ein Bericht der „Kronen Zeitung“ (Sonntag-Ausgabe). Darin war von einer geplanten „Teil-Abschottung“ des Bundeslandes die Rede. Die Zeitung berichtete von „unbestätigten Informationen“, wonach Reisen in ein anderes Bundesland nur noch in Ausnahmefällen möglich sein werden, etwa zur Arbeit oder im Krankheitsfall. Das Aufsuchen des Zweitwohnsitzes oder der Ferienwohnung werde wohl nicht als Grund anerkannt, das solle auch für EU-Bürger gelten. Skifahren solle ebenfalls nur noch im eigenen Bundesland erlaubt sein.

Die Pläne seien laut Bericht dem Vernehmen nach bereits zwischen Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und dem Gesundheitsministerium abgestimmt. Doch davon wusste man in Tirol überhaupt nichts. „Solche Pläne sind dem Büro des Landeshauptmannes weder bekannt noch sind sie abgestimmt“, hieß es gegenüber der APA. Zudem betonte Platters Büro, dass Tirol auch am Sonntag erneut eine „deutlich rückläufige Corona-Infektionszahl“ aufweise. Das Bundeskanzleramt verwies hinsichtlich der weiteren Vorgangsweise gegenüber der APA auf das Gesundheitsministerium.

Forderung: Keine Sondermaßnahmen für Tirol

Unterdessen machten die schwarzen Präsidenten von Arbeiter-, Landwirtschafts- und Wirtschaftskammer sowie alle Tiroler ÖVP-Nationalratsabgeordneten mobil, sprachen sich gegen Verschärfungen aus und forderten dieselben „bedachtsamen Öffnungsschritte“ für Tirol analog zum Bund.

„Die Zahlen geben weder eine Verlängerung noch eine Abschottung Tirols her. Es kann doch nicht sein, dass man die Tiroler bestraft, weil wir hier schneller und vorsichtiger als andere agiert haben. Wir waren die Ersten, die zu sequenzieren begonnen haben, und nun darf uns daraus kein Strick gedreht werden“, sagte Landwirtschaftskammer-Präsident Abg. Josef Hechenberger.

Tirols WK-Präsident drängte auf Öffnung

Tirols Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Walser übte scharfe Kritik wegen einer möglichen Isolation Tirols.

Auch Präsidenten von AK und WK einig

„Die Menschen im Lande haben über Monate alle Maßnahmen geduldig über sich ergehen lassen – jetzt ist es aber wirklich genug“, meinte AK-Chef Erwin Zangerl in Richtung Türkis-Grün in Wien. Und Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser, der bereits am Samstag Gesundheitsminister Anschober scharf attackiert hatte, ließ wissen, eine Abschottung wäre ein „Schlag unter die Gürtellinie“ und würde das Vertrauen in die Entscheidungsträger zerstören. „Wir dürfen und werden uns das nicht gefallen lassen“, so Walser, schließlich liege man bei allen Zahlen unter dem Bundesschnitt – mehr dazu in Längerer Lockdown für Walser undenkbar.

VP-Nationalräte sprechen von Schikane

Und schließlich stimmten auch die Tiroler ÖVP-Nationalräte Kira Grünberg, Alexandra Tanda, Rebecca Kirchbaumer, Franz Hörl und Hermann Gahr in den Chor ein und ließen die Parteifreunde und den Koalitionspartner im Bund wissen: „Wir stehen zu unserem Land und lehnen überschießende und sachlich nicht begründbare Schikanen ab. Die Betrachtung darf nicht nur aus virologischer Sicht passieren, sondern muss gesamtgesellschaftlich erfolgen. Diese Position werden wir auch in Wien in aller Klarheit vertreten.“

Isolierung Tirols nicht ausgeschlossen

Bis Sonntag hätte geklärt werden sollen, ob es in Tirol strengere Maßnahmen als im Rest Österreichs geben wird. Auch eine Isolierung Tirols hatte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) nicht ausgeschlossen.

Abwerzger relativiert Kritik der Präsidenten

Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger wollte hingegen vor allem Zangerl und Walser die vehemente Kritik Richtung Bund nicht abnehmen. Die beiden sollten sich „nicht als ahnungslose Corona-Maßnahmen-Kritiker aufspielen“, sagte er in einer Aussendung und fügte hinzu: „Was die Bevölkerung bei diesen Worten bedenken sollte, ist die Tatsache, dass sowohl Zangerl als auch Walser parteipolitische Lohndiener von ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz und ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter sind.“