Sujet Gewalt Schatten Frau
ORF.at/Christian Öser
ORF.at/Christian Öser
Soziales

Gefangen im Kreislauf der Gewalt

Gewalt in der Beziehung ist für manche Frauen trauriger Alltag – sei es psychische, körperliche oder sexuelle Gewalt. tirol.ORF.at sprach mit Eva Pawlata vom Gewaltschutzzentrum Tirol über Gewaltbeziehungen und warum es Frauen oftmals schwer fällt, solche Beziehungen zu beenden.

tirol.ORF.at: Warum schaffen es Frauen oft so lange nicht, aus einer Gewaltbeziehung auszubrechen?

Eva Pawlata: Dafür gibt es ganz viele Gründe, wie etwa emotionale oder finanzielle Abhängigkeit. Ganz oft ist die Frau auch dafür zuständig, dass die Familie funktioniert, sie muss sozusagen für das harmonische Familienbild sorgen. Wenn sie sich trennt, kann es sein, dass ihr vom sozialen Umfeld die Schuld für das Nichtfunktionieren der Beziehung gegeben wird.

Ganz häufig befinden sich die Frauen in einem Kreislauf der Gewalt, wo sie den Absprung nicht schaffen. Eine Phase lang geht es gut, dann eskaliert es wieder, dann wird es wieder gut – die Frauen stolpern sozusagen von einer Phase in die nächste.

tirol.ORF.at: Was kann Auslöser dafür sein, dass sich eine Frau entschließt, plötzlich doch einen Schlussstrich zu ziehen?

Eva Pawlata: Manchmal ist es so, dass der Partner auch den Kinder gegenüber gewalttätig wird. Das ist so eine Grenze, wo Frauen dann sagen: Jetzt muss ich nicht nur auf mich schauen sondern auch auf die Kinder. In anderen Fällen kommt eine Intervention von außen, etwa wenn die Polizei gerufen wird. Manchmal ruft das Opfer selbst die Polizei, manchmal sind es auch die Nachbarn. Dann kann die Polizei ein Betretungs- und Annäherungsverbot aussprechen.

Und dann geht auch die Informationskette los: Die gefährdeten Personen kommen ins Gewaltschutzzentrum, wir informieren sie über ihre Möglichkeiten. Dann sind oft die Perspektiven ganz anders, sie sehen dann ein Licht am Ende des Tunnels und wissen, welche Ausstiegsmöglichkeiten sie haben. Dann kann es sein, dass sich ein Prozess in Gang setzt, der vorher gar nicht möglich war.

tirol.ORF.at: Welche Rolle können Außenstehende wie Freundeskreis oder Nachbarn spielen – Stichwort Zivilcourage?

Eva Pawlata: Wenn man merkt, dass es in der Nachbarnwohnung immer wieder sehr laut ist, wenn man merkt, dass es mehr ist als ein normaler Streit, dann sollte man die Polzei rufen. Man sollte eher nicht selber hingehen und klingeln und sich so vielleicht in Gefahr begeben, sondern wenn man die Möglichkeit hat die 133 wählen und so die Situation durchbrechen. Weil dann kommen Profis und sehen, ob es gefährlich ist.

tirol.ORF.at: Welche Institution kann Ansprechpartnerin bei häuslicher Gewalt sein?

Eva Pawlata: Bei Notsituationen muss man die Polizei rufen. Wenn die Situation nicht akut ist, kann man sich an Opferschutzeinrichtungen wie das Gewaltschutzzentrum oder das Frauenhaus wenden.

tirol.ORF.at: Gibt es in Tirol genügend Angebote für hilfesuchende Frauen?

Eva Pawlata: Es gibt die Angebote, wie die bereits genannten oder etwa auch den Verein „Frauen gegen Vergewaltigung“, aber diese Einrichtungen sind finanziell nicht so gut ausgestattet, wie sie es eigentlich sein sollten, damit sie ihre Arbeit in einem Ausmaß erledigen können, das notwendig wäre, um alle Opfer zu erreichen und um Präventionsarbeit zu machen.

tirol.ORF.at: Wie groß ist die Gefahr, dass eine Frau, die aus einer Gewaltbeziehung geflohen ist, wieder in eine Gewaltbeziehung gerät?

Eva Pawlata: Man nimmt an, dass Frauen, die mit gewalttätigen Männern zusammen sind oder waren, gerne wieder solche Partner wählen. Grund dafür ist, dass jeder von uns Partner wählt, wo man das Beziehungsmuster schon kennt. Das ist gewohnt, da fühlt man sich sicher. Das klingt natürlich paradox, wenn es um Gewalt in der Beziehung geht. Aber das kann passieren, muss aber nicht.

tirol.ORF.at: Leidtragende von Gewaltbeziehungen sind oftmals auch Kinder. Was macht so eine Erfahrung mit den Kindern?

Eva Pawlata: Die Kinder gehen in solchen Beziehungen meist unter, sie laufen einfach so mit. Die Mutter hat oft nicht die emotionalen Ressourcen, um für die Kinder mitzudenken und sie in Sicherheit zu bringen. Wir wissen aber, dass miterlebte Gewalt die selben Auswirkungen haben kann wie selbsterlebte.