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Politik

Schwarzbau: Abbruch nach 30 Jahren

Im Venntal am Brenner steht der Abbruch eines Wohnhauses bevor. Das Gebäude wurde in den 1980-er Jahren errichtet, eine schriftliche Baugenehmigung gab es offenbar nie. Der Abbruchbescheid für den Schwarzbau ist von allen Instanzen bestätigt.

Der Besitzer sieht sich als Opfer seines politischen Rivalen. Nachdem die Familie Steiner ihren Hof am Brennersee für die Autobahn aufgegeben hatte, wurde ein landwirtschaftliches Gebäude in der Nähe zum Wohnhaus ausgebaut.

Baugenehmigung gibt es offenbar nicht

Ein instabiler Hang und andere Überraschungen machten den Bau „chaotisch“, wie Besitzer Hubert Steiner schilderte. Bürgermeister und Bausachverständige sagten, wie zu bauen sei, eine schriftliche Baugenehmigung gibt es bis heute nicht. Auch eine Widmung für das Gebäude fehlte.

Drei Fotos aus drei Generationen: Jeweils Vater und Sohn vor ihrem Haus im Wald
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Das ursprüngliche Gebäude, der Neubau und das Haus heute.

Bauansuchen brachte Manko ans Licht

Seit Beginn wurde am Gebäude immer wieder gebaut, erweitert, vergrößert, erneuert, um Badeteich und Garage ergänzt und von Familie Steiner und ihren Kindern bewohnt. Als Hubert Steiner 2011 ein Bauansuchen stellte, stieß die Gemeinde Gries am Brenner auf die fehlende Widmung und die fehlende Baugenehmigung. Seither wird prozessiert.

Bürgermeister Karl Mühlsteiger sieht für die Gemeinde keine andere Möglichkeit als den Abbruch. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass jener Bürgermeister, in dessen Amtszeit der Bau fällt, das Versäumnis eingeräumt hat. „Man kann als Baubehörde nur das heranziehen, was schriftlich vorhanden ist. Sonst könnte sich jeder eine mündliche Zusage von anno Schnee einholen und probieren, damit Gesetze zu umgehen“, so der amtierende Bürgermeister.

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Das Vennhäusl heute: Aufstockungen und Zubauten erfolgten im Laufe der Jahre. Ab 20. Dezember 2020 droht der Abbruch.

Gemeinde sieht für Legalisierung keinen Spielraum

Hausbesitzer Hubert Steiner sieht zwei Möglichkeiten, den Schwarzbau zu legalisieren: Die fehlende Baugenehmigung könnte durch einen Feststellungsbescheid des Bürgermeisters, die fehlende Widmung durch Beschluss des Gemeinderates kompensiert werden. Tiroler Bau- und Raumordnung böten die Möglichkeiten dafür, so Steiner.

Die Gemeinde widerspricht. Man habe alle Optionen mit den Fachabteilungen und Juristen des Landes besprochen, auch Fürsprecher bis hinein in die Landesregierung könnten daran nichts ändern. Der Abbruchbescheid ist mittlerweile vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt und mit dem Termin 20.Dezember 2020 versehen.

Großer Hof am Brennersee
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Am Brennersee, wo heute die Autobahn vorbeiführt, stand früher der Hof von Hubert Steiner

Hubert Steiner war eine Periode lang oppositioneller Gemeinderat in Gries am Brenner. Auf diese Zeit führt er die Entwicklung zurück. „Ich habe im Gemeinderat oft recht gehabt und das muss ich jetzt ausbaden“, so der Besitzer des Vennhäusls. „Die Darstellung, dass ich mich hinter dem Gesetz verstecken würde, ist unfair“, wies Bürgermeister Mühlsteiger das zurück. „Höchstgerichtliche Urteile räumen dem Bürgermeister keinen Spielraum ein.“

Unendliche Geschichte von Prozessen und Problemen

Die Problematik, dass ein seit Jahrzehnten bewohntes Gebäude als Schwarzbau erkannt wird, hat beim Vennhäusl am Brenner schon weitere Probleme nach sich gezogen. Ein Hangrutsch etwa, der vor mehreren Jahren von der Wildbachverbauung saniert wurde, ist nach wie vor nicht behördlich abgenommen.

Nach einem Starkregen drohte der Hang mitsamt dem Wohnhaus der Steiners abzustürzen, die Wildbach- und Lawinenverbauung verbaute und stabilisierte den Hang. Doch die Kollaudierung verweigert der Bürgermeister bis heute, da alle Instandhaltungskosten damit auf die Gemeinde fielen, „angesichts eines rechtskräftigen Abbruchbescheides kann ich das nicht verantworten“, so Mühlsteiger.

Mann breitet Bauplan auf dem Tisch aus
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Baubehörde, Landesverwaltungsgericht und Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass der Abbruchbescheid korrekt ist.

Außergewöhnlicher Fall für Bezirkshauptmannschaft

Derzeit liegt der Ball bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, die den Abbruch vollziehen soll, aber wegen eines weiteren noch laufenden Verfahrens abwartet. Fünf bis zehn derartige Bescheide bekommt die Behörde pro Jahr, oft beziehen sie sich z.B. auf Gartenmauern, die zu weit in den Nachbargrund hineinragen. Eine Größenordnung wie im vorliegenden Fall mit einem mehrstöckigen Wohnhaus komme nicht oft vor, so der zuständige Abteilungsleiter. Aber bevor die Abrissbirne auftaucht, werden dem Hausbesitzer die Kosten dafür vorgeschrieben. Ein Einspruch dagegen ist möglich.