Frühchen auf der Station
tirol kliniken/Seiwald
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Gesundheit

CoV: Geringes Risiko für Neugeborene

Auch die Innsbrucker Neonatologie, die zu früh oder krank geborenen Babys behandelt, setzt zum Schutz gegen das Coronavirus auf Hygiene und Masken. Mütter dürfen trotzdem rund um die Uhr zu ihren Kindern. Das Ansteckungsrisiko für Babys dürfte gering sein.

Die Neugeborenen-Intensivstation an der Kinderklinik ist auf die Betreuung von zu früh oder krank geborenen Babys spezialisiert. Etwa 70 bis 80 sehr kleine Frühchen werden dort pro Jahr versorgt. Ursula Kiechl-Kohlendorfer ist die Direktorin der Neonatologie. Man habe sich dort bereits im Frühjahr auf Covid-19 eingestellt, obwohl es damals nur wenige Verdachtsfälle gab, schilderte sie: „Wir haben eigene Kaiserschnitt-OPs für SARS-CoV-2 positive Frauen eingerichtet und einen Teil der Station für positive Neugeborene reserviert.“

Da die Beziehung zum Kind aber sehr wichtig sei, gelte die Besuchsregelung von 30 Minuten auf der Neonatologie nicht: „Die Mutter ist integraler Bestandteil der Neu- und Frühgeborenen-Versorgung und kann rund um die Uhr da sein, auch der Vater kann zum Kind. Wenn eine Mutter als Begleitperson bei uns einzieht und hier übernachtet, muss sie einen negativen Abstrich haben“, erklärte die Medizinerin. Auch im Rahmen der Nachsorge dürfen die Eltern mit dem Kind nur kommen, wenn sie symptomfrei sind.

Ursula Kiechl-Kohlendorfer, Direktorin der Innsbrucker Univ.-Klinik für Pädiatrie II (Neonatologie)
MUI/Bullock
Ursula Kiechl-Kohlendorfer, Direktorin der Innsbrucker Universitätsklinik für Pädiatrie II (Neonatologie)

Covid-19 während der Schwangerschaft

Ob Schwangere, die an Covid-19 erkranken, ein höheres Frühgeburtsrisiko haben, komme auf den Gesundheitszustand der Frau an. Es gebe bei schwer erkrankten Schwangeren, was selten der Fall ist, auch ein leicht erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt, so Kiechl-Kohlendorfer.

Über das Ansteckungsrisiko für das Kind gebe es bisher nur einzelne Berichte. Eine Ansteckung im Mutterleib oder während der Geburt sei aber immer noch fraglich. Das Ansteckungsrisiko dürfte gering sein, schätzte die Expertin: „Bei Babys von SARS-CoV-2 positiven Frauen mit geringen Symptomen oder asymptomatischem Verlauf – wir hatten auf unserer Station erst kürzlich zwei solche Fälle – wird unmittelbar nach der Geburt und am 5. Lebenstag ein Abstrich gemacht. Eine Trennung von Mutter und Kind ist aber nicht notwendig“, erklärte die Expertin. Stattdessen werde eine spezielle Hygiene beim Stillen eingehalten und auf eine regelmäßige Händedesinfektion und Mund-Nasen-Schutz geachtet.

Schwangerschaft in Corona-Zeiten, Neugeborenes
Unsplash
Neugeborene haben meist eher milde Verläufe von Covid-19

Eher milde Verläufe bei Neu- und Frühgeborenen

Man habe gesehen, so Ursula Kiechl-Kohlendorfer, dass Neugeborene eher asymptomatische oder milde Verläufe der Erkrankung hatten und meist ohne Sauerstoff oder Intensivbehandlung und künstlicher Beatmung auskamen. Im Magen-Darm-Trakt könne das Virus leichte Symptome machen. Bei Frühchen stünden aber die Lunge und das Atemnotsyndrom beim Frühchen im Vordergrund, wofür es im Falle eine Palette an Atemunterstützungsmaßnahmen gebe.

Kein Treffen am Weltfrühchentag

Am 17. November ist Weltfrühchentag. Das jährliche Zusammentreffen für Eltern und ehemalige Frühgeborene an der Innsbrucker Klinik fällt heuer allerdings den Corona-Beschränkungen zum Opfer.

Trotzdem seien Frühgeborene nicht so stark von Covid-19 betroffen: Einerseits brauche das Virus zur Vermehrung einen sogenannten ACE-Hemmer, um in die Zellen zu kommen. Dieser sei aber bei Frühgeborenen noch nicht so ausgebildet. Außerdem neige das unreife Immunsystem offenbar nicht den überschießenden Immunreaktionen, wie das bei älteren Personen der Fall sein könne, so die Ärztin. Ein Forschungsprojekt soll jetzt klären, wie sich das Immunsystem Frühchen von positiv getesteten Müttern entwickelt.

Eine Hebamme untersucht eine schwangere Frau.
APA/dpa/Fredrik von Erichsen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen, wie sich Lockdowns auf Schwangere auswirken

Weniger Frühgeburten während Pandemie

Wie die Ärztin schilderte, gebe es inzwischen mehrere Veröffentlichungen, die davon berichten, dass es während dem ersten Lockdown im Frühjahr im Vergleich zu den Vorjahren zu deutlich weniger extremen Frühgeburten kam: „Möglich ist, dass durch die Reduzierung sozialer Kontakte auch weniger Infektionen auftraten oder dass es durch die Lockdown bedingte Beruhigung des öffentlichen Lebens weniger Aufregung und Stress gab“, erklärte Kiechl-Kohlendorfer. Das Zentrum in Innsbruck sei zu klein, um solche Schwankungen zu beobachten. Diese Theorien sollen nun aber gezielt erforscht werden.