Wirtschaft

Wasserkraft: Rechnung geht nicht auf

Viele Tiroler Gemeinden haben in den letzten Jahren große Hoffnungen auf kleine Wasserkraftwerke gesetzt. Mit den Erträgen aus dem eigenen Strom sollten die Gemeindekassen aufgebessert werden. Der niedrige Strompreis verhinderte das.

Knapp 900 Wasserkraftwerke gibt es in Tirol, die überwiegende Mehrheit davon sind kleine Kraftwerke unter zehn Megawatt. In den letzten Jahren setzten viele Gemeinden auf den Bau von eigenen Kraftwerken an den Flüssen und Bächen. Mit der Stromerzeugung sollte Geld für die steigenden Ausgaben in den Gemeinden gewonnen werden.

Auch die Gemeinde Flirsch im Bezirk Landeck rechnete sich von einem Kraftwerk gute Gewinne aus. Als kleine Gemeinde erhalte man nur wenig Kommunalsteuer, jeder Zugewinn werde begrüßt, so der Flirscher Bürgermeister Roland Wechner. Gemeinsam mit den Nachbargemeinden Strengen, Pettneu und St. Anton am Arlberg wurde 2015 das Wasserkraftwerk Stanzertal gebaut. Die Hoffnungen damals waren groß, berichtete Wechner.

Wasserkraftwerk Stanzertal
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Die Wasserfassung für das Kraftwerk Stanzertal in Flirsch

Hoffnung auf Gewinne in einigen Jahren

Während der Planungsphase stand der Strompreis gut, von diesem Preis wurde in den weiteren Planungen ausgegangen. Während der Bauphase für das Wasserkraftwerk ging der Strompreis allerdings um die Hälfte zurück. Das sorgte schon in der Anfangszeit des Kraftwerks für große Probleme, auch bei der Finanzierung. Schließlich mussten die Eigentümer zehn Millionen Euro nachschießen. Danach beruhigte sich die Lage etwas, Gewinn ist aber wohl noch länger keiner in Sicht.

Derzeit würden die Erträge aus der Stromerzeugung gerade reichen, um die Darlehenszinsen für das Kraftwerk zurückzuzahlen, erklärte der Flirscher Bürgermeister, es sei im Moment ein Nullsummenspiel. Man sehe das Kraftwerk jetzt als „Investition in die Zukunft“, ein Geldbringer sei es derzeit nicht, so Wechner. Langfristig soll sich die Wasserkraft aber auszahlen, hofft die Gemeinde, denn auch ein zweites Wasserkraftwerk wird in Flirsch gerade gebaut.

Kritik an großen Förderungen

Viele der gut 900 Kraftwerke in Tirol konnten nur errichtet werden, weil ihr Bau sehr stark gefördert wird. Auf die Verträglichkeit der Umwelt wurde bei der Auszahlung der Förderungen bisher nicht geachtet, kritisiert der World Wildlife Fund (WWF). Im Gießkannenprinzip seien die Wasserkraftwerke gefördert worden – jeder der eingereicht habe, habe eine Förderung erhalten. Damit seien viele Kraftwerke entstanden, die unökologisch seien, die viel Natur zerstörten und gleichzeitig wenig Strom erzeugen, so Christoph Walder vom WWF Tirol.

Christoph Walder, WWF im Interview
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Christoph Walder vom WWF im Interview mit ORF Tirol

Gut 850 der knapp 900 Tiroler Wasserkraftwerke erzeugen gemeinsam nur sieben Prozent des gesamten Stroms aus Wasser. Trotzdem wurden sie errichtet, dadurch wurde in die Natur eingegriffen. Die Förderungen führten mit dazu, dass es kaum mehr unverbaute Flüsse und Gewässer in Tirol gibt, so Walder. Hier müssen sich die Regeln für die Förderung der Wasserkraft ändern, fordert der WWF.

Neues Gesetz soll Ausbau regeln

Ein neues Bundesgesetz dazu ist derzeit im Rahmen des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes in Ausarbeitung. Die Naturkriterien seien hier zwar vorhanden, aber weiterhin sehr schwammig, kritisiert der WWF. Es dürfe nicht mehr jeder eine Förderung erhalten, es müssten strenge, ökologische Kriterien eingehalten werden. Wer Natur zerstört, darf keinen Cent bekommen, so Walder. Das neue Gesetz werde derzeit überarbeitet, in Kraft treten könnte es noch in diesem Jahr, heißt es aus dem Umweltministerium.