Die „Weiberwirtschaft“ steht für hintergründigen Humor und Wortwitz. Unterschiedliche Textilien von T-Shirts über Polsterbezüge bis zu Unterhosen werden mit vieldeutigen Sprüchen bedruckt, wie „Die Zukunft ist weiblich“ oder „Pro-Aging“.
Politisches Design
Im Tiroler Designforum Weissraum in Innsbruck haben Heidi Sutterlüty – Kathan und Beatrix Rettenbacher nun in einer Ausstellung „schon wieder etwas angerichtet.“ Auch diese Formulierung ist doppeldeutig zu verstehen. In Tirol würde es zu brav zugehen, bedauert Sutterlüty-Kathan. „Wir versuchen aufzurütteln, auch wenn wir die Welt nicht verändern können. Frauen sollten sich im Heiligen Land einfach mehr trauen, und öfter etwas anrichten.“
Sinnlicher Genuss mit einer klaren Botschaft
Bei der Ausstellungseröffnung werden köstliche rosarote Marzipantörtchen in Busenform und Mutterkuchen aus Schokolade gereicht. Die Performance würde an das Tapp- und Tastkino von Valie Export erinnern, meint eine Besucherin. 1968 ließ die feministische Künstlerin ihre eigenen Brüste von Passanten begrapschen. Das Ziel der aufsehenerregenden Aktion war damals, den voyeuristischen Blick auf den Frauenkörper zu kritisieren.
An der Rückwand der Schau ist ein Mini-Altar installiert. „Kreieren statt Konsumieren“, lautet ihr Credo. Sie setzen auf die Verbindung von Form und Inhalt. Ihre Botschaften sticken sie erst eigenhändig mit rotem Faden auf weißes Papier und bearbeiten sie anschließend am Computer. Durch das Wechselspiel zwischen der als traditionell weiblich abgestempelten Handarbeit und der Digitalisierung wird die Aussage verstärkt.
Im Zentrum ihrer Inszenierung in der aktuellen Schau platzieren sie eine gestickte Vagina. „Dadurch fühlen wir uns als Weiberwirtschaft repräsentiert“, erläutert Rettenbacher, „weil die Vagina der Inbegriff von Weiblichkeit ist.“ Ihr Anspruch sei keineswegs missionarisch, doch im patriarchalisch geprägten Land Tirol würden Frauen auch heute noch anders betrachtet als Männer. Sie sehe es als eine ihrer Aufgaben, Frauen mehr Raum zu geben. Ob es darum ginge, Job und Familie unter einen Hut zu bringen oder um die schlechtere Bezahlung von Frauen.
„Relativ Jung“ durch „Pro Aging“
Die beiden Gestalterinnen agieren subtil und sparen nicht mit Selbstironie etwa beim Thema der Ewigen Jugend. „Ich achte darauf, dass ich beim Fotografieren im richtigen Licht sitze“, lacht Rettenbacher. Attraktiv zu altern habe eher etwas mit Glück zu tun, als mit Botox, fügt sie passend zum Aufdruck auf ihrem lila T-Shirt hinzu „Good Weibrations“.
Arthur Zelger Preis für gute Gestaltung
Vor kurzem wurde die Weiberwirtschaft mit dem 2020 erstmals in Tirol vergebenen „Arthur Zelger Preis für gute Gestaltung“ ausgezeichnet. Die Wiener Juryvorsitzende Anita Kern hob in ihrer Laudatio die Selbstironie als sympathische Art hervor, Kritik zu üben. Die Kritik an gesellschaftlichen Missständen, an Rollenklischees und jeglicher Begrenzung komme leichtfüßig und undogmatisch daher, so Kern.
Der nach dem Tiroler Designer Arthur Zelger benannte Preis ist mit 5000 Euro dotiert und soll alle zwei Jahre vergeben werden. Zelger zählt zu den bedeutendsten Grafikdesigner des 20. Jahrhunderts in Österreich. 1974 hat er das bekannte rote Tirol-Logo entworfen.
Ein ungleiches Paar
Kennengelernt haben sich die beiden Gestalterinnen in Wien. Vor zwanzig Jahren haben die Vorarlbergerin Sutterlüty – Kathan und die Salzburgerin Rettenbacher dann ihr gemeinsames Büro auf der Hungerburg hoch über Innsbruck gegründet. Ihre Arbeitsweise könnte unterschiedlicher nicht sein. „Heidi ist federführend in der Gestaltung“, beschreibt Rettenbacher die Arbeitsteilung, „ich bin mehr wild, kreativ und rühre gerne um. Ich fühle mich für den Text zuständig, Heidi bringt das Ganze dann in die richtige Form.“
Zu forsch für Tirol
Im Zuge der Neugestaltung des Tiroler Volkskunstmuseums wurde die Weiberwirtschaft 2009 damit beauftragt, einen Rosenkranz für den Museumsshop zu entwerfen. In Anlehnung an historische Exemplare, die mit individuellen Glücksbringern bestückt sind, hängten sie ein kleines rosa Glücksschweinderl an ihre Version. Das kam damals nicht gut an und ihre Kreation flog aus dem Sortiment. „Damals haben wir über die Stränge geschlagen“, erinnert sich Rettenbacher, „aber das hat uns gut unterhalten. Das Schwein war wohl für Tirol zu forsch, international gesehen keineswegs, aber wir sind eben in Tirol.“
Die Ausstellung ist bis zum 7. November zu sehen und wird durch ein Rahmenprogramm abgerundet. Bei einem Tischgespräch mit einer Politikwissenschafterin wird zum Beispiel die Frage gestellt: „Richten Frauen in Tirol zu wenig an?“