Verkehr- und Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne)
APA/Barbara Gindl
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Politik

Rückendeckung aus Wien für Verkehrspolitik

Verkehrs- und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat bei einem Tirolbesuch am Mittwoch Unterstützung für die Tiroler Verkehrspolitik zugesagt. Bezüglich erneuerbarer Energien kündigte die Ministerin ein neues Gesetz an, Private könnten sich dann zusammentun und gemeinsam Strom erzeugen und nutzen.

In Sachen Transitproblem versichert Gewessler, keine Gelegenheit auszulassen, um die Nachbarländer – und da vor allem Deutschland – auf die fehlenden Zulaufstrecken zum Brennerbasistunnel, aber auch auf eine neue Wegekostenrichtlinie anzusprechen. Es müsse etwas in die Gänge kommen, denn das sei für alle und gerade für Tirol ein wesentlicher Baustein der Verkehrspolitik, so Gewessler.

Man sei im Transit über der Belastungsgrenze und brauche die neue Wegekostenrichtlinie um wieder neue Möglichkeiten zu haben, sagte die Ministerin. Die deutsche Ratspräsidentschaft sei die Chance, das abzuschließen. Man sei hier sehr weit bei einem Kompromiss. Auf den müsse man aufbauen und daran werde man gemeinsam arbeiten. Bis es hier nennenswerte Lösungen gibt, wird Tirol an seinen Maßnahmen wie etwa der Lkw-Blockabfertigung in Kufstein festhalten. Die Ministerin sieht da offensichtlich kein Problem: „Da passt kein Blatt zwischen dem Bund und Tirol“, so Gewessler.

Verkehrs- und Umweltministerin Gewessler (Grüne) bei einer Exkursion im Alpenpark Karwendel
ORF
Vekehrs- und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler nahm neben ihrem Besuch beim Forum Alpbach in Tirol auch an einer Exkursion im Alpenpark Karwendel teil

SPÖ und NEOS: Zulaufstrecken müssen gebaut werden

Der Verkehrssprecher der Tiroler SPÖ, Philip Wohlgemuth, fordert von Deutschland angesichts des Besuchs der Ministerin ein klares Bekenntnis zum Brennerbasistunnel (BBT). Man habe den Eindruck, dass man in Deutschland kein Interesse an einer ganzheitlichen und europäischen Verkehrslösung habe, so Wohlgemuth.

NEOS-Verkehrssprecher Andreas Leitgeb verlangt von Gewessler, in Sachen BBT-Zulaufstrecken Nägel mit Köpfen zu machen. Sie werde nicht allein damit vom Fleck kommen, wenn sie ihrem deutschen Amtskollegen ins Gewissen rede. Es liege an ihr, Deutschland in die Verantwortung zu nehmen und an getätigte Zusagen zu erinnern. Es gelte zu verhindern, ein über Jahrzehnte unnützes Milliardengrab zu schaufeln, meinte Leitgeb im Hinblick auf den Brennerbasistunnel.

Coronavirus-Krise als Chance für Klimaschutz

Was den Klimaschutz betrifft, sieht Gewessler die Coronavirus-Krise als Chance für eine Wende, die sie mit Gesetzesänderungen einläuten will. In Begutachtung ist aktuell das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), welches das Ökostromgesetz ablösen wird. Um Strom zu produzieren und in das Netz einzuspeisen, müsse man nicht mehr Energieversorger sein. Menschen im lokalen Umfeld schließen sich zusammen, indem sie etwa auf einer großen Fläche in Photovoltaik investieren und den Strom auch gemeinsam konsumieren, skizziert Gewessler ein künftiges Szenario.

Das EAG soll laut Gewessler auch Wasserkraft-Naturschutzkriterien erhalten. "Hier brauchen wir ökologische Kriterien, um Wasserkraft gut und naturverträglich auszubauen. Eine Allianz aus 40 Umweltschutzorganisationen sowie Vertretern aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft hatte Mitte Juli vor einem „ungezügelten“ Ausbau der Wasserkraft auf Kosten der Allgemeinheit gewarnt und wirksame Naturschutzkriterien gefordert.

Gesetz braucht Zwei-Drittel-Mehrheit

Das geplante Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist die Nachfolgeregelung für das derzeitige Ökostromgesetz. Die Neuregelung der Ökostromförderung wurde in den vergangenen Jahren kontrovers diskutiert. Ein Erneuerbaren-Gesetz war bereits von der vormaligen türkis-blauen Regierung geplant, wurde dann aufgrund des vorzeitigen Regierungsendes im Mai 2019 aber nicht beschlossen. Das Gesetzesvorhaben braucht außerdem eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat und im Bundesrat. Die SPÖ hatte im Februar 2019 eine Ökostrom-Novelle blockiert.

„Wir sind in den finalen Abstimmungen. Wir werden in Kürze – noch im September – in Begutachtung gehen“, zeigte sich Gewessler zuversichtlich. „Es ist ein umfangreiches und komplexes Gesetzespaket, dementsprechend gab es einen hohen Diskussionsbedarf.“ Genauere Details zum Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz – unter anderem zu Förderhöhen und Förderdauer – wollte Gewessler vorerst nicht nennen.

Regierungsziel verlangt viel erneuerbare Energie

Die türkis-grüne Regierung hat sich das Ziel gesetzt, dass bis 2030 bilanziell übers Jahr gerechnet 100 Prozent der Stromversorgung aus erneuerbaren Quellen kommen. Dafür müssten weitere rund 27 Terawattstunden (TWh) aus diesem Bereich dazukommen. Davon wird bei Photovoltaik ein Zuwachs von 11 TWh angestrebt, bei Wind sind 10 TWh vorgesehen, bei Wasserkraft 5 TWh und bei Biomasse 1 TWh. „Wir werden alle erneuerbaren Energieträger brauchen, deswegen haben wir quantitative Ziele im Regierungsprogramm festgelegt“, so die Klimaschutzministerin.