Hauptquartier von Wirecard in Deutschland
AFP/Christof Stache
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Wirtschaft

Tiroler Anleger klagt Ex-Wirecard-Chef

Im Wirecard-Skandal ist eine erste Anlegerklage in Österreich eingebracht worden. Die Klage richtet sich gegen den aus Österreich stammenden früheren Wirecard-Chef Markus Braun. Die Klage wurde beim Bezirksgericht Kitzbühel eingereicht.

Mit der Klage will die Anwaltskanzlei Aigner, Lehner, Zuschin und Partner einen Präzedenzfall durchfechten. In Österreich gebe es keine Sammelklage, deshalb sei zunächst die Klage eines Anlegers aus dem Raum Kitzbühel eingebracht worden, so Roman Taudes von der Anwaltskanzlei am Donnerstag gegenüber ORF Tirol. Es gebe aber eine Vielzahl von österreichischen Geschädigten in der Wirecard-Affäre. Die Kanzlei sei mit weiteren Betroffenen in Kontakt und arbeite auch mit Anwälten in Deutschland zusammen.

Zustellung der Klage durch U-Haft verzögert

„Die Klage gegen Ex-CEO Braun ist eine flankierende Maßnahme zu den in Deutschland zu verfolgenden Ansprüchen, insbesondere gegen den Wirtschaftsprüfer“, so Taudes. Auch die Rolle der heimischen Banken soll laut dem Juristen beleuchtet werden.

Die Zustellung der Klage war im konkreten Fall von neuen Entwicklungen bei den Ermittlungen gegen Braun in Deutschland betroffen. Der ehemalige Wirecard-Vorstandchef war nach seiner Festnahme in Deutschland zunächst gegen eine Millionen-Kaution wieder auf freien Fuß gekommen. Vor gut drei Wochen wurde über den Verdächtigen dann aber doch die U-Haft verhängt. Die Zustellung der Klage musste deshalb über betreffende Justizanstalt in Deutschland erfolgen.

Ex-Wirecard-Chef Markus Braun
APA/dpa/Lino Mirgeler
Der Österreicher Markus Braun stand jahrelang an der Spitze des deutschen Zahlungsdienstleistungsunternehmens Wirecard

Tiroler Kläger will Anlage samt Zinsen zurück

Der Kläger will sein in Wirecard-Aktien investiertes Geld samt 4 Prozent Zinsen zurück und will dafür seine Aktein zurückgeben. Braun habe „rechtswidrig und schuldhaft“ gehandet, er müsse im Speziellen für unrichtige Informationen über die wahren Finanz- und Wirtschaftsdaten der Wirecard AG haften, argumentieren die Anwälte des Tirolers. Zur Summe wollten sie keine Angaben machen.

Die Anwälte sehen auch österreichische Banken in der Verantwortung, die ihren Kunden Investitionen in die inzwischen insolvente Wirecard AG empfohlen haben. Darunter seien auch Finanzinstitut, die Kreditgeber für Wirecard waren. Es müsse geprüft werden, ob es hier einen Interessenskonflikt gegeben habe.

Milliarden nur auf dem Papier vorhanden

Beim insolventen Zahlungsabwickler Wirecard sind nach Erkenntnissen der deutschen Ermittler jahrelang systematisch Bilanzen gefälscht und Umsätze aufgebläht worden. Wirecard soll durch erfundene Geschäfte wertvoller und finanzkräftiger dargestellt worden sein, erscheinen, glaubt die Staatsanwaltschaft.

Auf dieser Basis hätten Banken und andere Investoren dem Aktienunternehmen insgesamt 3,2 Milliarden Euro bereitgestellt. Das Geld sei voraussichtlich verloren. Erst eine Sonderprüfung im Frühjahr weckte auch bei den Wirtschaftsprüfern Zweifel an den Zahlen. So wurde Mitte Juni festgestellt, dass rund 1,9 Milliarden Euro, die angeblich auf Treuhandkonten bei philippinischen Banken lagen, nicht existierten – ebenso wie große Teile des Asien-Geschäfts von Wirecard.