Corona Virus
dottedyeti – stock.adobe.com
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Coronavirus

MedUni mit Studie zu CoV-Ausbreitung

Wissenschaftler der MedUni Innsbruck versuchen den Weg des Coronavirus anhand einer Studie nachzuvollziehen. Das Virus sei nicht aus Deutschland importiert worden. Ähnlichkeiten zeigte das „Ischgl-Virus“ mit jenem aus einem französischen Skigebiet.

Die Studie von Erstautor Peter Kreidl (MedUni Innsbruck) und zahlreichen weiteren Wissenschaftlern (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit/AGES, Forschungszentrum für Molekulare Medizin/CeMM sowie weitere) zur „Entwicklung der Coronavirus-Erkrankung 2019 (Covid-19) in Österreich“ wird in der Wiener klinischen Wochenschrift publiziert werden. Die Fachleute kombinierten epidemiologische Informationen über die ersten bestätigten SARS-CoV2-Infektionen und Ausbreitungsrouten mit den Genomcharakteristika der Erreger. Im Gegensatz zu manchen Aussagen, wonach SARS-CoV-2 nach Österreich zunächst aus Deutschland „eingeschleppt“ worden sei, ergibt sich aus diesen Untersuchungen ein anderes Bild.

Erster dokumentierter Tiroler Fall Ende Jänner

„Der erste dokumentierte Fall war eine Person, die sich in Kühtai in Tirol vom 24. bis 26. Jänner 2020 aufhielt. Infiziert worden war sie durch einen chinesischen Ausbildner in Starnberg (Deutschland) zwischen dem 20. und dem 22. Jänner“, schreiben die Fachleute. Doch diese SARS-CoV-2-Infektion blieb sozusagen „deutsch“. Die Infektion wurde erst am 28. Jänner in München bestätigt. In Österreich gab es daraus keine weiteren Fälle als Konsequenz.

Am 25. Februar wurden dann in Innsbruck zwei aus Italien importierte Fälle registriert, wieder ohne weitere Konsequenzen mit zusätzlichen Infektionen aus dieser Quelle – mehr dazu in CoV: Infizierte in Hotel beschäftigt. Die ersten Infektionen bei österreichischen Staatsbürgern wurden schließlich am 27. Februar in Wien entdeckt. Daraus entstanden zwei Cluster, einer mit sechs, der andere mit 61 Folgefällen, wobei der zweite Cluster seinen Ursprung in Italien gehabt haben dürfte, wie die Fachleute feststellen.

CoV-Quelle Ischgl bleibt unklar

Dann kam „Ischgl“. „Die Isolate aus dem ‚Ischgl-Cluster‘ entsprachen dem Mutationsprofil von Erreger-Stämmen aus dem französischen Skiort Contamines-Monjoue in Obersavoyen. Dorthin war ein Brite gekommen, der am 24. Jänner nach Frankreich eingereist war. Er kam zurück von einer Konferenz in Singapur (20. bis 22. Jänner), an der 109 Personen inklusive einer Person aus Wuhan teilgenommen hatten. Allerdings weder die Erbgutsequenz noch die Resultate aus der epidemiologischen Untersuchung konnten die definitive Quelle von SARS-CoV-2 identifizieren, die zu dem Ausbruch in Ischgl führten“, stellen die Fachleute fest. In der Region der Westalpen, Norditalien und benachbarten Gebieten könnte das Virus schon einige Zeit unerkannt „unterwegs“ gewesen sein. Das Auftauchen in Tirol bzw. Österreich erfolgte allerdings sehr schnell.

Ischgl-Spreading passierte Indoor

Noch in Begutachtung als Preprint ist in diesem Zusammenhang auch eine Studie mit Alexandra Popa (CeMM, Wien) zur Mutationsdynamik und Übertragung von SARS-CoV-2-Superspreading in Österreich. Für die Studie mit einer ganzen Reihe beteiligter Forschungsinstitutionen inklusive der AGES, MedUni Wien, MedUni Innsbruck und anderen, sequenzierte sie 576 SARS-CoV-2-Genome aus unterschiedlichen Regionen Österreichs.

Die Sequenzinformationen von 305 Erregern aus Österreich wurden mit denen von fast 7.700 SARS-CoV-2-Viren aus internationalen Quellen verglichen. Dabei zeigte sich, dass die beiden ersten österreichischen Cluster in Tirol („Ischgl“) und in Wien (hier war der Indexpatient zuvor in Italien gewesen) aus hoch frequentierten Indoor-Veranstaltungen entstanden: Eben aus Besuchen einer Apres-Ski-Bar in Ischgl und aus Radfahr-Spinning-Treffen in Wien.

Kritische Rolle für Verbreitung

Das Virus verbreitete sich international jedenfalls extrem schnell. „Eine Woche nach dem Auftauchen von SARS-CoV-2 mit dem Mutationsprofil (genetische Charakteristika, Anm.) in Frankreich und Ischgl konnte bereits eine steigende Anzahl verwandter Viren auf der Basis des gleichen Mutationsprofils über Kontinente hinweg gefunden werden, wo sie neue lokale Ausbrüche hervorriefen – zum Beispiel auch in New York. Als sehr populäre internationale Destination für Touristen aus Europa und Übersee könnte Ischgl eine kritische Rolle als Übertragungshub für die Ausbreitung des Virusstammes 20C (Unterart von SARS-CoV-Anm.) nach Europa und Nordamerika gespielt haben“, heißt es in der noch nicht Peer-Review-geprüften Arbeit.