Leere Kirchenbänke
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Unfreiwillige Verschnaufpause für Priester

Für Pfarrer wäre jetzt eigentlich Hochsaison: Erstkommunion, Hochzeiten und Firmungen würden anstehen – tun sie aber nicht, weil Corona alles gestoppt hat. Der Alltag ist auch für Geistliche ein anderer geworden. Ein kompletter Stillstand ist aber auch ohne die vielen kirchlichen Verpflichtungen nicht zu verspüren.

Franz-Josef Campidell aus Tramin im Südtiroler Unterland kümmert sich im Moment um Liegengebliebenes. In erster Linie sind es bürokratische Aufgaben, die der Pfarrer derzeit aufarbeitet: „Das Tempo ist zu normalen Zeiten freilich ein anderes“, meint der Geistliche, „wenn man im Büro aber einmal beginnt Ordner und Zettel rauszuziehen, hört auch dort die Arbeit nicht so schnell wieder auf.“

Volle Agenda von Pfarrer Campidell
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Der Terminkalender von Pfarrer Franz-Josef Campidell war schon voll, die Pandemie ließ die Termine platzen.

Alle Hochzeiten abgesagt

Der Pfarrer aus Tramin betreut normalerweise sieben Ortschaften an der Weinstraße im Unterland. Er ist zuständiger Priester für Tramin, Kurtatsch, Margreid, Kurtinig, Penon, Graun und Fennberg. Sein Terminkalender für die Frühlings- und Sommermonate war vor dem Auftreten der Pandemie bereits voll ausgebucht: 27 Hochzeiten wären auf seiner Agenda gestanden.

Nun muss selbst Campidells Sonntagsgottesdienst vor leeren Kirchenbänken im Internet gestreamt werden. „Ich habe in dieser Zeit das Gute an der Langsamkeit und der Ruhe wiederentdeckt“, sagt der Pfarrer überzeugt, „so habe ich es in den freien Stunden geschafft, mein 37. Fotoalbum fertigzustellen – auch das tut gut.“

Viele Bücher hergerichtet
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Dekan Bernhard Holzer hat sich vor dem Lockdown mit Büchern eingedeckt, zum Lesen kam er aber nicht.

Telefondienst im Pfarramt

Bernhard Holzer, der Dekan von Bozen, wollte die Zeit während des Lockdowns ganz für sich nutzen. „Ich habe mir am Beginn der Krise einen Stoß Bücher hergerichtet, die ich alle lesen wollte“, erzählt Holzer mit einem Schmunzeln im Gesicht, „geschafft habe ich kein einziges.“ Es sei, trotz aufgezwungener Verschnaufpause zu viel zu tun gewesen, sagt der Dekan.

Grund für die fehlende Zeit zum Lesen waren vor allem die vielen Telefongespräche, die Bernhard Holzer im Pfarramt geführt hat. „Das Telefon stand plötzlich nicht mehr still“, berichtet der Dekan, „die meisten Anrufer wollten einfach nur mit irgendjemanden reden.“ Zudem stand im Bozner Dom ein Mesnerwechsel an. Kurz konnten die Geistlichen in dieser Zeit verschnaufen. Ist der Lockdown aber erstmal vorbei, müssen viele Trauerfeierlichkeiten nachgeholt werden.