Deutsche und österreichische Fahne vor der Gemeinde Jungholz
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Chronik

Grenzfall: Familienbesuche sind erlaubt

Reisen über die Grenze nach Österreich sind derzeit nur in Ausnahmefällen möglich. Für viele Familien waren damit Besuche bei Angehörigen in Tirol verboten – zumindest gaben die Behörden das zu verstehen. Auf Anfrage des ORF Tirol erklärte das Sozialministerium jetzt, dass die Einreise nach Österreich für Familienbesuche bereits seit 1. Mai erlaubt ist.

Der Muttertag war für Elisabeth Schneider aus Wörgl bisher nie besonders wichtig. Heuer aber ist alles anders: Ihr Sohn Felix lebt in München, seit drei Monaten kann er seine Eltern in Wörgl nicht mehr besuchen. Wenn sie jetzt Werbung für den Muttertag sieht, sei das sehr frustrierend, erklärte Elisabeth Schneider. Denn den Muttertag mache für sie vor allem die gemeinsame Zeit mit der Familie aus.

Sohn Felix studiert in München, 1,5 Stunden Fahrt und gut 100 Kilometer entfernt. Durch das Coronavirus ist die Grenze zu Deutschland aber wieder spürbar und auch unüberwindbar geworden. Seit Wochen hält Familie Schneider deshalb Kontakt über das Telefon und per Videokonferenz, das ist aber nicht dasselbe, sind sich Eltern und Sohn einig. Die gute Erreichbarkeit und die Möglichkeit, Zeit mit seinen Eltern zu verbringen, seien auch wichtige Punkte für die Wahl seines neuen Wohnortes gewesen, erklärte auch Felix. Auch zahlreiche weitere betroffene Familien meldeten sich dazu beim ORF Tirol.

Familie Videochat
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Zumindest über das Internet konnte Familie Schneider Kontakt halten

Unklare Regelungen verhinderten Familienbesuche

In den derzeit geltenden Regelungen der Grenzkontrollen bei der Einreise nach Österreich heißt es, für Familienbesuche aus Nachbarländern nach Österreich benötige es „besonders berücksichtigungswürdige Gründe im familiären Kreis“. Diese seien bei der Grenzkontrolle glaubhaft zu machen. Was das konkret heißt, und was ein berücksichtigungswürdiger Grund ist, konnte Familie Schneider aber niemand erklären. Elisabeth Schneider rief in den letzten Tagen bei zahlreichen Auskunftsstellen in Tirol an. Die Informationen seien dabei aber oft dürftig oder auch widersprüchlich gewesen, berichtete sie.

Regelung für Südtirol

Familienbesuche sind seit 9.5.2020 auch von Nordtirol nach Südtirol und umgekehrt möglich. Besucher aus Südtirol müssen innerhalb von 72 Stunden Nordtirol wieder verlassen, dann gilt für sie keine Heimquarantäne.

Nach Recherchen des ORF Tirol stellte das Land Tirol jetzt eine Anfrage an das Sozialministerium. Dort hieß es, dass ein Familienbesuch im engen Kreis durchaus als „berücksichtigungswürdiger Grund“ gilt. Somit hätten Angehörige aus Deutschland bereits seit 1. Mai ihre Verwandten in Österreich und Tirol besuchen dürfen. Von Behörden wurde das allerdings anders kommuniziert – die Verordnung sei dahingehend missverständlich gewesen, erklärt das Land Tirol auf Anfrage. Als offenbar einziges Bundesland hatte Vorarlberg das bereits seit 1. Mai umgesetzt – mehr dazu in Lockerungen für Familien an den Grenzen.

Familie Balkon Muttertagsgeschenk
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Wie es nach dem Muttertag weitergeht, ist weiterhin nicht klar

Muttertag als erstes Besuchswochenende

Damit dürfen Familienbesuche über die Grenze nach Tirol also stattfinden, heißt es vom Land Tirol. Das sei auch bereits an alle Behörden, Auskunftsstellen und Grenzkontrollposten so weitergegeben worden. Ein Gesundheitszeugnis oder Heimquarantäne seien dabei nicht notwendig, beruft sich das Land Tirol auf Informationen des Sozialministeriums. Das bestätigte auch das Sozialministerium, dort konnte man die Verwirrung um die Regelung nicht verstehen. Wer Verwandte in Tirol oder Österreich besuchen wolle, solle das machen, erklärte Clemens Auer, Sonderbeauftragter für Gesundheit im Sozialministerium.

Dokumente an Grenze

Die Behörden empfehlen „die Vorlage einer Geburtsurkunde, einer Meldebestätigung oder Passkopie des Familienmitgliedes“, um den Familienbesuch in Tirol/Österreich „glaubhaft“ zu machen.

Wie viele andere freut sich Familie Schneider jetzt also auf ein langersehntes Wiedersehen am Wochenende. Sohn Felix darf für 48 Stunden einreisen, dann muss er die Grenze nach Deutschland wieder überqueren, so sieht es die deutsche Regelung vor. Er freut sich auf „das Gefühl, zu Hause zu sein“. Und seine Eltern freuen sich schon auf ausführliche Gespräche von Angesicht zu Angesicht.