Barbara Schulz mit ihren Kindern im homeoffice
B.Schulz/ORF
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Coronavirus

Homeoffice: Fluch und Segen zugleich

Die Corona-Krise hat in zahlreichen Tiroler Unternehmen Teile der täglichen Arbeit aus dem Büro ins Homeoffice verlagert, mit Vor- und Nachteilen. Berufstätige sehen sich mitunter bis an die Grenzen der Machbarkeit gefordert. Viele genießen aber auch die Situation.

In Arbeitsabläufen muss jetzt funktionieren, was man bis vor kurzem in dieser Dimension und Schnelligkeit nicht für möglich hielt. Die Arbeit daheim ist für viele fordernd, umso mehr, wenn sie parallel Kinder zu betreuen haben. Andere wiederum reizen die Vorteile des Homeoffice. Arbeitgeber stehen vor der Entscheidung, ob und in welchem Ausmaß Homeoffice-Lösungen über die Krise hinaus fixer Bestandteil in Unternehmen bleiben werden.

Homeoffice mit Zukunft?

Beim IT-Unternehmen World-Direct in Sistrans beantwortet man die Frage klar mit „ja“! Seit Mitte März arbeiten hier fast 100% der 122 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Homeoffice. Das Bürogebäude steht mehr oder weniger leer. Man „trifft“ und bespricht sich in täglichen Videokonferenzen.

Videomeetings sind zur Arbeitsnormalität geworden, Prokurist Thomas Ebner etwa hat sie im halb-Stunden-Takt und bis zu zehn Mal am Tag. Der Tag müsse im Homeoffice besser geplant werden, sagt Ebner. Wenn spontane Besprechungen mit Kollegen und Gedankenaustausch im Büro wegfallen, sei die Zeiteinteilung der Videomeetings das Um und Auf für einen gut gestalteten Arbeitsalltag.

Homeoffice nicht für alle geeignet

Produktivitätseinbußen gibt es in dem IT-Unternehmen seit der Umstellung auf Homeoffice nicht. „Bestimmt wird auch in Zukunft ein Teil der Belegschaft im Homeoffice arbeiten. Manche sind während dieser Wochen regelrecht auf den Geschmack gekommen und möchten es tageweise so beibehalten", so Geschäftsführer Paul Wessiack. Für andere sei das Homeoffice aber keine Dauerlösung, weil es aufgrund von Platzproblem und/oder Kinderbetreuung mehr Probleme verursache als Nutzen bringt.

Paul Wessiack

Als IT-Unternehmen mit entsprechender technischer Ausstattung und den nötigen Vorkenntnissen tat man sich bei World-Direct freilich leichter als viele andere Firmen bei der Umstellung auf Homeoffice. Die grundsätzlichen Veränderungen im Arbeitsalltag und bei Arbeitsabläufen, die sich jetzt in der Corona-Krise markant auftun, treffen jedoch Branchen querdurch und viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gleichermaßen.

Positive Veränderungen durch Homeoffice

Mehr Homeoffice reduziere Pendlerverkehr. Außerdem wären seine jährlich rund 200 Geschäftsreisen künftig überflüssig, meint Paul Wessiack. Er ist überzeugt, dass generell die Reisetätigkeit in Businessbereich massiv zurückgehen wird, Videokonferenzen seien effizienter und mittlerweile in technisch hervorragender Qualität verfügbar, zeit- und kostenintensive Reisen würden obsolet. In der Überlegung von Firmenchefs könnte das Einsparen von Betriebskosten durch die geringere Nutzung von Büros ein weiteres Plus sein, so der Geschäftsführer.

Der Prokurist Thomas Ebner dazu:„An dem Tag, an dem wir entschieden haben, dass die Leute ins Homeoffice gehen, haben wir beispielsweise die Heizung im Firmengebäude in Sistrans abdrehen können. Klar spart man sich Betriebskosten“. Doch Kostenersparnis dank Homeoffice ist hier kein Grund, dieses übermäßig zu forcieren. Denn eine der unerfreulichsten Auswirkungen von Homeoffice ist das Fehlen der sozialen Kontakte.

Im Homeoffice fehlen soziale Kontakte

Hannelore Eller ist zum Beispiel im Homeoffice die Decke auf den Kopf gefallen. Die Buchhalterin ist heilfroh, seit kurzem wieder im Büro arbeiten zu können. „Ich habe mich im Homeoffice wie in einem Gefängnis gefühlt. In meiner Wohnung in Innsbruck ohne Balkon. Die zwei Arbeitscomputer musste ich auf dem Esstisch aufbauen. Mir ist mit der Zeit die Decke auf den Kopf gefallen, weil ich praktisch immer die Arbeit gesehen habe und im Kopf nicht abschalten konnte.“

Thomas Ebner

Bei weitem nicht jeder kann sich mit Homeoffice anfreunden. Und obwohl er persönlich den größten Vorteil darin sieht, sich zuhause die Zeit mit der Familie gut einteilen zu können, glaubt Geschäftsführer Paul Wessiack, dass sich Homeoffice-Lösungen in vielen Firmen nur zum Teil auch in Zukunft halten werden. „Es wird einen Aufwind geben und man wird es den Mitarbeiterinnrn und Mitarbeitern anbieten müssen. Dass generell jeder nur mehr daheim sitzt, glaub ich nicht."