Personen gehen mit Skischuhen
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Wirtschaft

VSV rechnet mit fünf Mio. Euro Schadenersatz

Bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck haben sich 45 Personen gemeldet, die nach einem Tirol-Urlaub an Covid-19 erkrankt sind. Es habe sich allerdings noch kein Zeuge darunter befunden, so die Staatsanwaltschaft. Beim Verbraucherschutzverein (VSV) geht man von einem Schadenersatzanspruch von fünf Mio. Euro aus.

VSV-Obmann Peter Kolba kündigte an, dass der Verein am Dienstag die ersten 50 Fälle als Privatbeteiligtenanschlüsse an das Strafverfahren einbringen werde. Laut Hansjörg Mayr, dem Sprecher der Innsbrucker Staatsanwaltschaft, hätten sich bislang 45 Personen gemeldet, allerdings niemand offiziell vom VSV.

In den gleich formulierten Schreiben von deutschen Touristen hätten diese der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass sie nach ihrem Skiurlaub erkrankt seien und daher Schadenersatzansprüche gelten machen würden. Diese Urlauber können sich in einem etwaigen Strafverfahren als Privatbeteiligte anschließen.

Schreiben tragen nicht zur Klärung einer Schuldfrage bei

Allerdings bringe die Tatsache, dass sie nach ihrem Tirol-Urlaub erkrankt seien, nichts bei der Klärung der Frage, ob die Ansteckungsgefahr in den Tiroler Wintersportorten durch jemanden schuldhaft herbeigeführt oder schuldhaft nicht verhindert wurde. Und darum gehe es in dem Ermittlungsverfahren, teilte Mayr mit.

Jemand der in oder nach einem Skiurlaub an Covid-19 erkrankt ist und daher Schadenersatzansprüche geltend macht, ist allein deshalb noch nicht Zeuge einer möglichen Straftat. Es sei ja mittlerweile bekannt, dass in diesen Skigebieten damals eine Ansteckungsgefahr bestanden habe, so Mayr. Ein Zeuge wäre zum Beispiel eine Person, die eigene persönliche Wahrnehmungen dazu gemacht hat, dass sich jemand trotz Corona-Infektion nicht in Quarantäne begeben hat, obwohl er oder sie von der Erkrankung wusste oder wissen hätte müssen.

Großteil der Fälle betreffe Ischgl

Kolba meinte indessen, dass den bislang gemeldeten Fällen noch hunderte weitere folgen werden. „Damit sollte die Staatsanwaltschaft genug Anhaltungspunkte für Ermittlungen haben.“ Beim Verein hätten sich mittlerweile 4.500 Tirol-Urlauber gemeldet. Den Hauptanteil der Meldungen von Urlaubern – nämlich 3.246 bzw. 71 Prozent – bildeten laut Kolba deutsche Staatsbürger. Doch gebe es Beschwerden aus nahezu allen europäischen Staaten. Die meisten Fälle – 76,8 Prozent – betreffen Ischgl. Der überwiegende Teil der Urlauber reiste am Wochenende des 7. und 8. März an (rund 2.000) an und zwischen dem 10. und 14. März (rund 2.700) wieder – „zum Teil überstürzt“ – ab.

Erste Musterprozesse sollen folgen

Kolba ging von einem Schadenersatzanspruch von über fünf Millionen Euro aus. „Wenn man bei 4.500 Euro davon ausgeht, dass jeder Einzelne zwischen 1.000 und 1.500 Euro Schadenersatz verlangen würde, dann kommt man bei dieser Menge an Personen auf einen Betrag über fünf Millionen Euro“, so Kolba. Der Betrag könnte allerdings noch deutlich höher ausfallen, weil es auch Unternehmen erwischt habe, die daraufhin den Betrieb schließen mussten. „Deren Umsatzeinbußen sind ebenfalls schadenersatzpflichtig“, sagt Kolba.

Die Fälle würden nun vom VSV geprüft, und „wenn Geschädigte über Deckungen von Rechtsschutzversicherungen haben“, dann erste Musterprozesse vorbereitet. Für Betroffene ohne Rechtsschutzversicherung werde der VSV versuchen, Prozessfinanzierer zu vermitteln.

Zudem prüfe man, ob die Amtshaftungsklagen in Wien anhängig gemacht werden können. „Da sollte – nach allem was wir bisher erleben – eine gerichtliche Beurteilung unabhängiger möglich sein als im Land Tirol“, holte Kolba zu einer Justiz-Schelte aus. Und übte einmal mehr Kritik an den Verantwortlichen in Ischgl: „Während man in Ischgl immer noch meint, alles richtig gemacht zu haben, liegen rund 40 Personen auf Intensivstationen und drei Personen sind bereits verstorben“.