Geschlossenes Gasthaus
Hermann Hammer
Hermann Hammer
Wirtschaft

Wirte zwischen Sorge und neuer Strategie

Vor allem jene Tiroler Gastronomen, die Klein-, Mittel- oder Familienbetriebe führen, sind aufgrund der Lokalsperren von Existenzängsten geplagt. Während einige die Entwicklung noch abwarten wollen, haben andere bereits Strategien entwickelt, um auch in der Krise weiterbestehen zu können.

„Es ist gut, wenn Gastronomen kreativ werden und beispielsweise Lieferservices anbieten“, sagt Alois Rainer, Obmann der Fachgruppe Gastronomie der Wirtschaftskammer Tirol. Für die Kundenbindung und die Kontaktpflege mit Stammgästen sei das wichtig, auch hinsichtlich der Zeit nach der Sperre, so der Fachgruppen-Obmann. Aber: „Man muss ganz handfest rechnen, ob sich das rentiert oder nicht“.

Auf Lieferservice umgestellt

Die Betreiber des Innsbrucker Gasthauses „Burenwirt“ haben vor eineinhalb Wochen ein neues Lieferservice eingerichtet. So haben Alfred Nikolai und Ingrid Marzari u.a. eine Facebook-Gruppe gegründet, über die sie mit ihren Stammkunden in Kontakt stehen. Derzeit laufe diese neue Form des Geschäfts sehr gut- „Wenn es so weiter geht, dann kommen wir über die Krisenzeit und müssen auch keinen unserer Mitarbeiter kündigen“, zeigten sie sich zuversichtlich.

Rindfleisch mit Semmelkren wird für Lieferung bereit gemacht
ORF
Einige Restaurants und Gasthäuser bieten Lieferservice an

Am Land schwieriger als in der Stadt

Komplizierter ist die Lage für Manuela Schmid, die zusammen mit ihrem Mann Franz in Polling das Lokal „P202“ betreibt. Sie agiert nach wie vor über eine bekannte Lieferservice-Plattform. „Derzeit kommt es aber dort immer wieder zu Ausfällen aufgrund der Überlastung“, erklärte sie. Zunehmend bekomme man jetzt deshalb selbst direkte Anrufe und Anfragen. Der Lieferservice laufe insgesamt eher schleppend.

Ähnlich stellt sich die Situation beim Lokal „Die Smokerei“ in Wattens dar, das seit 16. März einen Lieferservice anbietet. „Unsere Umsätze sind mit denen von vorher nicht vergleichbar“, berichtete Irena Meladze, die das Lokal zusammen mit Philipp Daxl betreibt.

Mitarbeiter sollen nicht gefährdet werden

Außerhalb der Landeshauptstadt und deren Umlandgemeinden stellt sich die Situation für Gastronomen noch komplexer dar. „Wir sind, was das mögliche Einzugsgebiet eines Lieferservices betrifft, einfach nicht mit Innsbruck vergleichbar“, erklärte Martin Frischmann, Pächter des „Bräustüberl Kufstein“. Er selbst habe sich unter anderem deswegen gegen ein Lieferservice entschieden. Auch eine etwaige Gefährdung seiner Mitarbeiter, wenn er diese in Corona-Zeiten weiterhin in der Küche oder im Lieferdienst beschäftigt, habe ihn dazu veranlasst, zuzusperren und auch vorerst zuzulassen.

WK-Obmann: „Wird nicht mehr wie vorher sein“

Die Gastronomen und den WK-Gastronomie-Obmann eint der Wunsch nach einer Situation, in der wieder ein wenig Normalität einkehrt. Die diesbezüglichen Hoffnungen sind aber gedämpft. „Auch wenn die Lokale wieder aufsperren, wird es nicht wie vorher sein“, glaubt Alois Rainer. Es sei denkbar, dass dann das Essengehen mehr als bisher „Luxus“ werde. „Ich rechne damit, dass mit bis zu 50 Prozent Einbußen über einen Zeitraum von einem Jahr zu rechnen ist“, so der Fachbereichsobmann. Auch Frischmann zeigte sich verhalten: „Die Touristen und die Stammgäste, die bei uns zu einem guten Teil der älteren und damit gefährdeten Generation angehören, bleiben sicher länger aus“.

Nach drei Monaten wird es kritisch

Drei Monate beschreiben sowohl Schmid als auch Frischmann als den Zeitraum, nachdem es kritisch werden könnte. „Drei Monate kann man überbrücken, danach wird es schwierig“, stellte Frischmann klar. „Nach drei Monaten nur Lieferservice wird es brenzlig“, strich Schmid hervor. Was es jetzt jedenfalls brauche, sei Klarheit was die finanzielle Unterstützung der Gastro-Betriebe betrifft, meinte Rainer. „Es kann nicht im Sinne der Bundesregierung sein, dass kleine Betriebe zusperren“, meinte der WK-Spartenobmann.