Mehrere gezüchtete Mikroorganismen die als Bläschen mit dem freien Auge erkennbar sind.
Paul Illmer, Institut für Mikrobiologie
Paul Illmer, Institut für Mikrobiologie
Wissenschaft

Zirl bekommt einen Mikroben-Zoo

Der erste Mikroben-Zoo im deutschsprachigen Raum wird in absehbarer Zeit in Zirl eröffnet. Eine vergleichbare Einrichtung gibt es in Europa bisher nur in Amsterdam. Hinter dem Projekt stehen Fachleute der Universitäten in Innsbruck und dem Management Center Innsbruck.

Leuchtende Bakterien, eine Schaubrauerei und pilzzüchtende Ameisen – so stellt sich Heribert Insam, Mikrobiologe an der Universität Innsbruck und Initiator des Projekts MikrobAlpina, die „Exponate“ im Mikroben-Zoo vor.

Was sind Mikroben?

Zu Mikroben, die auch Mikroorganismen genannt werden, gehören unter anderem Bakterien, Pilze und Mikroalgen. Die Lebewesen sind mikroskopisch klein und für viele Stoffkreisläufe verantwortlich.

Bis 2022 werden die Pläne für den ersten Mikroben-Zoo im deutschsprachigen Raum in die Realität umgesetzt. Nach langer Suche nach Räumlichkeiten wurde das Projektteam schließlich in Zirl fündig. In Kooperation mit der dort ansässigen Reinigungsfirma Hollu entsteht eine 500 Quadratmeter große Ausstellungsfläche.

Inspiriert von Mikroben-Zoo in Amsterdam

Von einem Besuch in Amsterdam kam Heribert Insam vor vier Jahren begeistert zurück: „Dort gibt es den Mikroben-Zoo ‚Micropia‘ mit jährlich rund 300.000 Besuchern. Ich war so begeistert, dass ich mir gedacht habe, so etwas möchte ich nach Tirol bringen.“ Schließlich konnte Insam seine Kolleginnen und Kollegen von der Idee überzeugen: „Alle waren begeistert und haben gesagt, dass wir so etwas unbedingt aufbauen müssen“, erzählt Insam.

Ein Leuchtturmprojekt in Zirl

Seitdem ist die Idee stetig gewachsen, mittlerweile sind die Pläne konkret: Rund eine Million Euro wird das Projekt kosten, finanziert wird es sowohl aus privater als auch aus öffentlicher Hand. Im Zuge des Umbaus der Firma Hollu im kommenden Jahr wird der Zoo realisiert. 2022 sollen seine Pforten geöffnet werden.

Neocallimastix ein Pilz aus dem Darm des Steinbocks
S. Leis
Der Pilz Neocallimastix ist dafür zuständig, Cellulose im Darm von Wiederkäuern abzubauen.

Direkt angebunden an den Bahnhof hofft Insam unter anderem auf zahlreiche Besucherinnen und Besucher, die mit dem Zug anreisen.

Ein nicht nur sprichwörtliches Highlight sollen leuchtende Bakterien werden. „Durch eine einfache Genmanipulation kann man Bakterien zum Leuchten bringen – grün, rot oder gelb“, erklärt Insam. Auch Mikroskope dürfen nicht fehlen. Was man dort zu sehen bekommt, werde um ein Vielfaches vergrößert und an die Wände projiziert, „sodass man glaubt mitten in der Mikrobenwelt zu stehen.“

Dort gibt es zum Beispiel den Darminhalt eines Wiederkäuers zu sehen. „Vor allem alpine Tiere, wie Gämse oder Steinböcke, brauchen Pilze, um das Gras verdauen zu können.“ Für den medizinischen Bereich sind Mikroorganismen unter anderem im Bereich der Antibiotika interessant. Auch die Resistenzentwicklung gegen Antibiotika soll Thema im neuen Science Center sein.

Wir sind völlig von Mikroorganismen abhängig

„40 Billionen Mikroben beherbergt der Mensch“, ist auf der Webseite von MikrobAlpina zu lesen. Das sind mehr Mikroorganismen als Körperzellen.

Heribert Insam, Mikrobiologe an der Universität Innsbruck
Heribert Insam/Mikrobalpina

„Da stellt sich die Frage, wer wir eigentlich sind“, sagt Heribert Insam. Doch nicht der Körper des Menschen, auch viele Lebensmittel – ob Wein, Joghurt oder Käse – beruhen auf Mikroorganismen. So soll es im neuen Science Center auch eine Schaubrauerei geben – denn ohne Hefepilz gäbe es kein Bier.

Bestimmte Pilze sind aber auch für die alpine Sicherheit wichtig: „Jeder Baum und jedes Gras hat Pilze, die in Symbiose mit ihnen stehen. Diese vergrößern die Wurzeloberfläche über ein Tausendfaches. Dadurch können die Bäume bestimmte Nährstoffe aufnehmen und sind stabiler.“ Pilze helfen Kulturpflanzen dabei, Phosphor aus dem Boden – manche Bakterien Stickstoff aus der Luft aufzunehmen.

Eine Zeitrafferaufnahme des „Winogradsky-Fensters“ – in dem Schlamm, Eier, Gips und Zeitungspapier zusammengemischt wurden – sieht man, wie Mikroorganismen arbeiten. Eine solche Darstellung wird es auch im Science Center in Zirl geben.

Mikroskopaufnahme von Algen im Gletschereis.
B. Sattler
Auch Algen im Gletschereis sind Thema im Mikroben-Zoo.

Viele Köpfe stehen hinter dem Projekt

Das 20-köpfige Projektteam besteht neben Wissenschafterinnen und Wissenschaftern der Leopold Franzens Universität, der Medizinischen Universität und des Management Centers Innsbruck(MCI) auch aus externen Partnern. Mit dabei ist zum Beispiel die Architektin Claudia Pasquero, die „der Schönheit von Algen eine neue Fassung“ gibt.

Eine wichtige Komponente neben Inhalt und Ästhetik ist die didaktische Vermittlung. Eine zentrale Zielgruppe sieht Insam in Schulkindern und ihren Lehrerinnen und Lehrern. Dafür arbeiten auch der Verein „klasse!forschung“ sowie die „Junge Uni“ der Universität Innsbruck am Mikroben-Zoo mit. „Wir haben ein Bildungsprogramm geplant – auch für die Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer“, erklärt Insam.