Die Verstümmelungspraxis an Frauen ist nach wie vor kultureller Bestandteil und auch in Tirol weiter verbreitet als vermutet. Betroffen sind vor allem somalische Frauen, die vor dem Bürgerkrieg nach Tirol geflüchtet sind und fernab ihres Heimatlandes meist ohne Aufklärung Opfer dieses Rituals werden.
Vor 20 Jahren hatte Alexandra Ciresa-König in der Gynäkologieambulanz der Frauenklinik Innsbruck die erste Patientin mit Genitalverstümmelung wegen akuter Schmerzen in Behandlung. Heute sieht die Ärztin solche Fälle regelmäßig, im Schnitt sei es jede zweite Woche eine Betroffene. Meist sind es Frauen afrikanischer Abstammung, die mit positivem Asylbescheid oder in laufendem Asylverfahren in Tirol leben. In Somalia, im Sudan oder in Ägypten ist Genitalverstümmelung bei Frauen und Mädchen noch immer grausame Praxis, ein Ritual, das Frauen körperlich reiner machen und auf die Ehe vorbereiten soll.
Körperliche und seelische Verstümmelung
Medizinische Folgekomplikationen begleiten die Frauen oft ein ganzes Leben lang. An der Frauenklinik Innsbruck weiß man heute, wie beschnittene Frauen zu behandeln sind, wenn sie etwa ein Kind gebären. Durch die gute Betreuung und richtige Behandlung nach der Genitalverstümmelung geraten sie dabei nicht mehr in Lebensgefahr. Genitalverstümmelung passiert im Geheimen, meist während Besuchsreisen im Herkunftsland, gerüchteweise aber auch in Deutschland oder Österreich – durchgeführt von weiblichen Beschneiderinnen.
Beweise dafür gebe aber es keine, sagt Alexandra Ciresa-König. Immer mehr Frauen und Mädchen würden sich gegen diese Gewalttat, die Frauen körperlich und seelisch verstümmelt, aber zur Wehr setzen. Genitalverstümmelung steht in Österreich unter Strafe, Anklagen gibt es aber noch keine. An der Klinik Innsbruck und beim Roten Kreuz Tirol setzt man vor allem auf Aufklärung. Das Rote Kreuz hat zu Jahresbeginn das Projekt Womencare gestartet, um betroffene Frauen zu unterstützen.