Überfüllte Müllinsel Hall
ORF
ORF
Umwelt

Im Müll liegt noch viel Potenzial

Seit etwa 40 Jahren trennen die Tiroler Wertstoffe vom Restmüll. Papier, Glas und Kunststoff werden am genauesten getrennt und können so später weiter verarbeitet werden. Es werden jedoch viele Dinge in den Restmüll geworfen, die noch einmal verwendet werden könnten.

Seit nicht einmal 40 Jahren wird in Tirol der Abfall genau getrennt. In den 70er und 80er Jahren betrieb so gut wie jede Tiroler Gemeinde zumindest eine Mülldeponie. In vielen Fällen gab es für diese Deponien weder Genehmigungen noch ausreichende technische Sicherheitsvorkehrungen. Typische Standorte waren ehemalige Schottergruben, natürliche Gräben, Mulden und oft auch steile Rinnen in schwer einsehbaren Gegenden in den Randzonen der Ortschaften.

Es war damals nicht ungewöhnlich, dass Abfälle aller Art auch direkt in das Grundwasser oder über steile Hänge in Bäche gekippt wurden. Dabei wurden im Regelfall alle Abfälle entsorgt, die in den Gemeinden anfielen. Bis zum Jahr 1993 wurden sämtliche Gemeindemülldeponien geschlossen.

Abfallwirtschaftskonzept regelt Sammlung

Erst durch das Tiroler Abfallwirtschaftskonzept 1993 wurde den Gemeinden und Betrieben vorgegeben, dass Altglas, Altpapier, Haushaltsschrott und kompostierfähige Abfälle getrennt zu sammeln und in eine dafür geeignete Verwertungsanlage gebracht werden müssen.

Die Aufgaben hinsichtlich der getrennten Sammlung von Verpackungsabfällen – Glas, Karton, Metall, Kunst- und Verbundstoff – wurden durch die Verpackungsverordnung 1993 neu geregelt.

Problemstoffe müssen speziell behandelt werden

Die getrennte Sammlung von sogenannten Problemstoffen wurde im Jahr 1984 im Innsbrucker Stadtgebiet als Versuch gestartet. Seit 1990 gibt es die gesetzliche Verpflichtung, in den Gemeinden eine getrennte Sammlung von Problemstoffen mindestens zweimal pro Jahr durchzuführen oder durchführen zu lassen. Dazu zählen Farben, Lacke, Altöl und ölhaltige Abfälle, Haushalts- und Autobatterien, Akkus, Altmedikamente, Pflanzenschutzmittel, gefüllte Spraydosen und Gaskartuschen, Reinigungsmittel- und Chemikalienreste sowie Säuren und Laugen.

Batterien
Public Domain

Kompostieranlage im eigenen Garten

Die ersten Anlagen zur Kompostierung von Bioabfall wurden in den 80er Jahren gebaut. In den Jahren 1993 bis 1998 wurde in Tirol ein flächendeckendes Netz an Kompostier- und Biogasanlagen aufgebaut. Zur Kompostierung eignet sich organischer Abfall aus dem Haushalt – also Speisereste, verdorbene Lebensmittel, Obst, Gemüse, Fisch, Eierschalen, Kaffe- und Teesud, Blumen oder auch Servietten. Auch Laub, Kräuter sowie unbehandeltes Holz können so wiederverwertet werden.

Abhängig von Betreuungsintensität und technischer Ausstattung ist der Kompost nach acht bis zwölf Wochen „fertig“. Der Fertigkompost ist ein krümeliger, dunkel gefärbter und nach Walderde riechender Ton-Humus-Komplex.

Kompost gibt Nährstoffe im Boden langsam ab

Der Fertigkompost unterliegt einer strengen Qualitätsprüfung, die gemäß Kompostverordnung von jedem Betreiber einer Kompostieranlage durchgeführt werden muss. Der mengenmäßig größte Teil der Komposte wird in der Landwirtschaft zur Düngung, in Gärtnereien zur Pflanzenaufzucht und im Landschaftsbau etwa zur Böschungsbegrünung verwendet.

Kompost gibt die Nährstoffe langsam ab, sodass es bei Ausbringung der empfohlenen Mengen zu keiner Überdüngung kommt. Aus diesem Grund kann Kompost praktisch über das ganze Jahr – außer bei gefrorenem und schneebedecktem Boden – im Garten verwendet werden.

Glas ist nicht gleich Glas

Glas wird in Tirol bereits seit Anfang der 70er-Jahre gesammelt. Da Flachglas – dazu zählen Fenster-, Tür- und Spiegelglas – und Spezialgläser – beispielsweise Windschutzscheiben oder Kristallgläser – eine andere Zusammensetzung und einen höheren Schmelzpunkt als Hohlglas – dazu zählen Getränkeflaschen, Einweckgläser, Konservengläser und Parfumflakons – hat, dürfen diese Glassorten allerdings nicht vermischt werden.

Für das Hohlglas gibt es Container getrennt nach Bunt- und Weißglas. Der größte Teil des Altglases wird zu Glasfabriken in Österreich, der kleinere Teil zu Glasfabriken in Deutschland und Norditalien geliefert. Für Weißglas und Braunglas können maximal 60 Prozent Altglas eingesetzt werden, für Grünglas bis zu 90 Prozent.

Mehrwegglasflaschen nur bei kurzen Wegen sinnvoll

Der Einsatz von wiederbefüllbaren Mehrwegglasflaschen – etwa für die Milch – gilt auf langen Transportwegen als ökonomisch schlechter als das Glasrecycling, da zusätzliche Kosten für den Rücktransport und die Reinigung hinzukommen. Eine aktuelle Abfallstudie des Landes Tirol erachtet Mehrwegflaschen nur bei kurzen Entfernungen als ökologisch sinnvoller als das Glasrecycling, da weniger Rohstoffe verbraucht werden und weniger CO2-Emissionen entstehen.

Glasflaschen von Berglandmilch
ORF
Die Firma Berglandmilch mit Sitz in Wörgl will künftig auf Mehrwegflaschen umsteigen

Aus Schreibpapier wird später WC-Papier

Seit dem Ende der 70er Jahre wird in Tirol auch Altpapier gesammelt. In den ersten Jahren wurden etwa 25 Kilogramm Papier pro Person und Jahr so wiederverwertet. Mittlerweile gibt es in vielen Gemeinden getrennte Container für Papier und Kartonagen. Mittlerweile werden in Tirol 89 Prozent des Papiers bzw. Kartonagen getrennt gesammelt und können so wiederverwertet werden.

Kreislauf zeigt Verwendung von Papier an
Land Tirol
Erst nach mehrfacher Verwendung wird aus Schreibpapier WC-Papier

Hoher Energieeinsatz für Aluminiumherstellung

Seit dem Inkrafttreten der Verpackungsverordnung im Oktober 1993 werden Verpackungen aus Metall getrennt gesammelt. Dazu zählen Getränke- und Konservendosen, Schalen, Tassen, Tuben, Folien, Bänder, sowie Verpackungen von Problemstoffen (Öl-, Farb-, Lack-, Spraydosen), sofern sie restentleert sind. Sie können in Tirol bei den Sammelinseln in den Containern mit blauem Deckel und den Recyclinghöfen abgegeben werden.

Das Ausgangsmaterial zur Aluminiumherstellung ist Bauxit, ein rötlich gefärbtes Erz. Aus vier Tonnen gefördertem Bauxit wird eine Tonne Aluminium gewonnen. Der Energieeinsatz pro Tonne Rohstoff ist zehn Mal so hoch wie bei Papier und Glas und fünf Mal so hoch wie bei Kunststoff. Aluminiumverpackungen sind zum Beispiel Getränkedosen, Deckelfolien für Joghurtbecher, sowie Folien und Tuben. Alle diese Verpackungen sind zu 100 Prozent wieder verwertbar. Aus alten, gebrauchten Aluminiumverpackungen werden wieder hochwertige Produkte wie Fahrradrahmen, Kfz-Teile, Verkehrszeichen und neue Aluminiumverpackungen.

Kunststoff und Verbundstoff

Ebenfalls seit 1993 werden in Tirol Kunststoff- und Verbundstoffverpackungen gesammelt. Verbundstoffverpackungen sind Stoffe, die aus mehreren unterschiedlichen Materialien bestehen. Dazu zählen beispielsweise Kaffeeverpackungen sowie Milch- und Getränkekartons.

Zu den Kunststoffverpackungen zählen unter anderem Getränkeflaschen, Spül- und Waschmittelflaschen, Shampoo-, Dusch- und Schaumbadflaschen, Haushaltsreinigerflaschen, Kanister, Getränkekisten, Fässer, Eimer, Joghurtbecher, Tragetaschen oder Verpackungen aus Styropor.

Weggeworfene Plastikflaschen zu einem Kubus zusammengepresst
Pixabay/Hans Braxmeier

Oft werden auch Nicht-Verpackungen aus Kunststoff – Spielsachen, Geschirr oder Blumentöpfe – in die Sammelbehälter geworfen. Diese Nicht-Verpackungen müssten aber über den Restmüll entsorgt werden.

Kunst- und Verbundstoffe dürfen nicht in den Bioabfall gelangen, da sie nur sehr langsam abgebaut werden und Rückstände im Kompost hinterlassen. Das Aussortieren ist arbeitsintensiv und kostet viel Geld. Sie dürfen auch nicht zu Hause im eigenen Ofen verbrannt werden, da wegen ihrer unterschiedlichen Inhaltsstoffe hochgiftige Abgase entstehen, die neben der Gesundheit und der Umwelt auch noch Kamine, die über keine Abluftreinigungsanlage verfügen, schädigen.

Neue Produkte aus gesammeltem Kunst- und Verbundstoff

Die gesammelten Kunst- und Verbundstoffverpackungen werden in Sortieranlagen in verschiedene Kunststoffarten und Farben sortiert. 40 Prozent der gesammelten Kunst- und Verbundstoffverpackungen aus Tirol werden derzeit stofflich verwertet. Dabei wird der Kunststoff vermahlen bzw. regranuliert und erneut in der Produktion eingesetzt. Daraus können Gartenbänke, Blumentöpfe und -tröge, Komposter, Lärmschutzwände, Rohre, Abfallsäcke und Füllmaterial für Textilien gemacht werden.

Ebenfalls 40 Prozent werden energetisch verwertet – also verbrannt – und damit zur Energienutzung verwendet. Die restlichen 20 Prozent sind sogenannte Fehlwürfe, die in einer Restmüllverbrennungsanlage thermisch behandelt werden.

Wiederverwenden statt wegwerfen

Noch besser ist es, wenn Dinge wieder verwendet werden können, denn das Reparieren und Wiederverwenden von Gegenständen schont die Umwelt und Ressourcen. Daher sammelt unter anderem der Verein Ho&Ruck seit vielen Jahren saubere, intakte Alttextilien und Schuhe, sowie gut erhaltenen Möbel und Hausrat aller Art.

Die Caritas der Diözese Innsbruck begann 1974 mit der Altkleidersammlung. Bis zur Einstellung der alljährlichen Frühjahrssammlungen wurden jährlich rund 400.000 gelbe Sammelsäcke an die Haushalte verteilt. Die gesammelten, alten Textilien aus ganz Tirol wurden dann an Sortierwerke verkauft. Mit dem Erlös wurden soziale Projekte der Caritas mitfinanziert.

Altkleider
ORF
Nur intakte Textilien können weiterverkauft werden

Alttextilien werden zum Kilopreis verkauft

Alttextilien sammeln jetzt noch im Oberland der Verein ISSBA, in Osttirol der Verein s’GWANDTL sowie der Verein WAMS. Dabei wollen diese Vereine Kleidung aller Art, Bettwäsche, Tischtücher, Vorhänge, Schuhe und Taschen.

Die gesammelten Alttextilien werden zum überwiegenden Teil – 80 bis 85 Prozent – an den Großhandel zum Kilopreis verkauft. Ein kleinerer Teil – drei bis fünf Prozent – wird nach einer Sortierung und mehrfacher Qualitätskontrolle in den eigenen Second-Hand-Läden verkauft oder sozialen Einrichtungen gespendet. Der verschmutzte, nasse oder beschädigte Rest muss allerdings als Restmüll entsorgt werden.

Alte Brillen und Schultaschen werden wieder verwendbar

Auch viele andere Gegenstände müssten in Tirol nicht als Abfall entsorgt werden, sondern können nach der Aufbereitung wieder verwendet werden. So reparieren Fachleute in ganz Tirol in Repair-Cafes defekte Gegenstände wie Elektrogeräte, Computer, Fahrräder, Spielzeug oder Musikinstrumente kostenlos. Sehbrillen, Sonnenbrillen und Etuis in Sammelboxen werden auf den Recyclinghöfen oder bei Optikern getrennt gesammelt und dann zur Optikerschule nach Hall in Tirol geliefert. Dort werden die Gegenstände sortiert, die Sehstärke gekennzeichnet und für den Versand nach Afrika verpackt.

Im Rahmen der Schultaschensammlung, die in den letzten Schulwochen in den Tiroler Pflichtschulen stattfindet, können nicht mehr benötigte Schultaschen, Rucksäcke und sonstige Schulutensilien wie Federpennale und Schreibzeug abgegeben werden. Im Flüchtlingsheim Reichenau in Innsbruck kontrollieren und reinigen Asylwerber die Schultaschen und Rucksäcke. Zu Schulbeginn werden sie an bedürftige Tiroler Familien und Flüchtlingsfamilien verteilt.