Beschneiung mit Schneekanone
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Umwelt

Kunstschnee mit Auswirkungen auf Klima

Bisher haben Wissenschaftler angenommen, dass Kunstschnee durch Rückstrahlung mehr kühlt, als der verlängerte Skibetrieb CO2 verursacht. Laut Experten der Wiener Universität für Bodenkultur und vom ZAMG sei aber eher das Gegenteil der Fall.

Noch 2017 haben Forscher der steirischen Forschungsgesellschaft Joanneum Research dem Kunstschnee eine klimaneutrale Wirkung nachgesagt. Hintergrund war eine Studie über Tiroler Skigebiete, die errechnet haben wollte, dass der klimakühlende Effekt von Kunstschnee die Emissionen seiner Produktion ausgleiche.

Schnee nimmt nämlich weniger Strahlenenergie auf als dunkle Flächen, wodurch die Böden sich nicht so schnell aufwärmen. Dementsprechend, so die bisherige Auffassung, sei künstliche Beschneiung sogar gut für das Klima, da sie nicht nur die Skisaison verlängere, sondern auch die Böden länger kühl halte.

Zweifel an steirischer Studie

Wissenschafter des Instituts für Meteorologie und Klimatologie der Universität für Bodenkultur (BoKu) Wien sowie Experten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) zweifeln diese Erkenntnisse nun an. So hätten die steirischen Forscher damals mit „stark vereinfachten Methoden“ gearbeitet. Durchaus stimme, dass künstlich beschneite Skipisten mehr Sonnenlicht als ausgeaperte Wiesen reflektieren und so das Klima kühlen. Der Effekt sei aber viel geringer als bisher angenommen, so die Wissenschaftler.

Die Schneekanonen von TechnoAlpin
TechnoAlpin

Projekt „StartClim“

Die Boku in Wien leitet seit 2003 das Forschungsprojekt „StartClim“: Österreichische Forscher unterschiedlicher Disziplinen befassen sich darin mit dem Klimawandel und seinen Auswirkungen und veröffentlichen jährlich einen Bericht. Zuletzt kam die Studie „SnowAlb – Effekte künstlicher Beschneiung auf den Strahlungshaushalt in der Skiregion Saalbach-Hinterglemm“ heraus.

Viele Faktoren damals vernachlässigt

Die Experten von Uni Wien und ZAMG haben im Rahmen des „StartClim“ Forschungsprojektes ein Strahlungsmodell ausgearbeitet, das deutlich mehr Faktoren beachtete. Dabei haben sie die Pisten in der Skiregion Saalbach-Hinterglemm (Salzburg) untersucht.

Als zusätzliche Faktoren gingen sie auf die konkrete Flächennutzung ein, sowie auf den Schattenwurf durch Bäume an der Piste, auf Mehrfachreflexionen an Gegenhängen, sowie auf die natürliche Schneelage. Dabei reduziere allein schon das Einbeziehen der Bäume den „Strahlungsantrieb“ um 16 bis 46 Prozent, erklären die Experten. „Im Frühling, wo der Effekt am relevantesten ist, wurde in der früheren Studie der Kühleffekt um das Sechsfache überschätzt“, so Herbert Formayer von der Boku Wien.

Abgedeckte Gletscherfläche am Rettenbachferner im August
APA/Helmut Fohringer
Helle Flächen reflektieren die Sonnenstrahlen – Böden wärmen sich weniger auf. Der Beitrag des Kunstschnees für den Klimaschutz ist jedoch geringer als erwartet

Zwar sei der sogenannte Albedo-Effekt beachtet und gegen bestimmte CO2-Emissionen gegengerechnet worden, allerdings habe man dabei nicht einmal alle CO2-Emissionen miteinbezogen, die mit der künstlichen Beschneiung in Verbindung stehen, sagten die Wissenschaftler. Beachtet wurde lediglich das CO2, das unmittelbar durch den verlängerten Skibetrieb entsteht. „Eigentlich müsste man zum Beispiel die Emissionen aus dem Anreiseverkehr und ähnliches miteinrechnen“, kritisierte Formayer. Im Endeffekt sei mit der Ausklammerung mehrerer Faktoren bei Schnee und CO2 einen verzerrter Wert entstanden.