Vor elf Jahren wurde die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen unterzeichnet. Dennoch sei sie noch nicht ganzheitlich umgesetzt, kritisierte am Dienstag die Lebenshilfe Tirol. Anlass ist der internationale Tag der Menschenrechte.
Behindertenrechtskonvention
Die Konvention ist ein internationaler Vertrag der Vereinten Nationen (UN) und in Österreich seit 2008 in Kraft. Die unterzeichnenden Staaten verpflichten sich darin, die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten.
Unterschiede je nach Bundesland
Jedes Bundesland biete Menschen mit Behinderung verschiedene Rahmenbedingungen, was eine Gleichstellung schwierig mache, kritisierte der Geschäftsführer der Lebenshilfe Tirol, Georg Willeit. Es brauche bundesweit gleiche Chancen, um Bildung und den Arbeitsmarkt inklusiver zu gestalten, sowie Bewusstseinsbildung: „Ein Bewusstsein schafft automatisch weniger Hürden und Barrieren im Umgang mit Menschen mit Behinderungen", erklärte Willeit. Inklusion beginne in den Köpfen und Handlungen jedes einzelnen.
Inklusion in Job und Schule
Ein Umdenken brauche es vor allem bei der Entlohnung von Menschen mit Behinderungen, beim Zugang zum Arbeitsmarkt und in der Bildung, forderte die Lebenshilfe: „Die uneingeschränkte Teilhabe am Erwerbsleben ist ein Menschenrecht“, so Georg Willeit.
Er verlangte von Politik und Wirtschaft, Menschen mit Behinderungen nicht als Kinder zu sehen oder zu behandeln, sondern als Erwachsene mit allen Rechten und Pflichten. Zudem solle es im Job nur eine Einstufung der Behinderung geben, die 50 Prozent-Grenze der Erwerbsunfähigkeit müsse abgeschafft werden, ebenso wie trennende Strukturen in den Schulen.
Tiroler Teilhabegesetz
Das Gesetz wurde 2017 vom Tiroler Landtag verabschiedet. Es soll Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmteres Leben ermöglichen.
Darunter fallen etwa die Möglichkeit einer eigenen Wohnung, Rechtsanspruch auf Leistungen, auf eine Interessensvertretung oder eine persönliche Assistenz für den Alltag.
Auf Beteiligung setzen
Mit dem Tiroler Teilhabegesetz oder dem künftigen Aktionsplan für Tirol seien bereits wichtige Schritte zur Integration gesetzt. Es mangle aber weiterhin an der Einbindung von Menschen mit Behinderungen und ihren Angehörigen bei Gesetzesvorhaben auf Bundesebene, etwa bei Familienbeihilfe, Mindestsicherung oder der Notstandshilfe, so die Lebenshilfe.
Kürzungen bei Bildung, Arbeit, Gesundheit, Forschung und Sozialem treffen Menschen mit Behinderungen besonders schwer, bemängelte die Lebenshilfe. Sie erhoffte sich von der zukünftigen Regierung, „Rahmenbedingung zu schaffen, die Menschen Möglichkeit geben, sich selbst ausdrücken zu können, sei es durch Gebärden, elektronische Hilfsmittel oder Sprache“, so Willeit.