Startnummer 14 Romy aus Arriach auf der Weide
Peter Krivograd
Peter Krivograd
Landwirtschaft

Bio: Tiere brauchen Zugang zu Weide

Ein Biolandwirt kann künftig nur werden, wer seinen Tieren Zugang zu einer Weide bieten kann. Die EU streicht in einer neuen Verordnung die bisherigen Ausnahmeregelungen. Das gilt für Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde.

Nach Angaben der Landwirtschaftskammer arbeiten in Tirol rund 2.400 Bauern nach den strengen Kriterien der Bio-Landwirtschaft. Schon bisher war der Zugang zu einer Weide für mehrere Wochen im Jahr für die Tiere von Biobauern vorgeschrieben. Es gab aber zahlreiche Ausnahmen. Die wird die EU nun in ihrer neuen Verordnung streichen.

Kühe auf Weide im Kühtai mit Zwölferkogel
ORF
Im Sommer auf die Alm – nicht nur für Rinder aus der Biolandwirtschaft der Inbegriff artgerechter Haltung

Raus auf die Wiese

Bisher genügte schon eine Entfernung von mehr als 200 Metern vom Stall, um von der Pflicht zur Weidehaltung befreit zu werden. Oder auch, wenn der Weg zur Weide über eine vielbefahrene Straße führte. Auch Höfe, die mitten im Ort ohne angrende Wiese liegen, waren von der Weidehaltung ausgenommen. Solche Ausnahmen soll es laut der neuen Verordnung nicht mehr geben. Sie gilt für Biobetriebe, die Rinder, Schafe, Ziegen oder Pferde halten.

Heinz Gstir, Bio-Pionier in Tirol und Obmann der heimischen Marke „Bio vom Berg“ ist ein großer Verfechter der Weidehaltung. „Wenn die Tiere auf die Wiese kommen, ist das für sie das Paradies,“ sagte er im Gespräch mit dem ORF Tirol. Dennoch bedauert er die nun restriktive Haltung der EU. „Das wird wieder nicht die großen Betriebe in den Gunstlagen treffen, sondern einige sehr kleine Höfe, die sonst aber mit großem Engagement in der Biolandwirtschaft arbeiten.“

Ein Zugang zu einem befestigten Auslauf etwa unmittelbar am Stall, genügt nicht, um die strengen Kriterien zu erfüllen. Obwohl ein solcher Paddock, wie solche Freiflächen in der Pferdehaltung genannt werden, für Stalltiere ohne Zweifel eine deutliche Verbesserung der Haltungsqualität bietet.

Ziegen auf Alm
Hermann Hammer
Die neue EU Bioverordnung gilt nicht nur für die Haltung von Rindern, sondern auch für Ziegen, Schafe und Pferde

Keine Biolandwirtschaft ohne Weide

In Tirol werden laut Schätzung der Landwirtschaftskammer rund 70 Biobetriebe konkret betroffen sein. Eine genaue Erhebung werde gerade durchgeführt, hieß es. Sie müssen entweder einen Zugang zu einer Weide schaffen oder sie verlieren ihre Zertifizierung als Biobauer. Das heißt auch, dass sie für ihre Produkte dann weniger Geld bekommen.

Bio-Konsumenten verlangen Tierwohl

Für die Käuferinnen und Käufer von Bioprodukten stellt eine möglichst artgerechte Haltung von Tieren ein besonders wichtiges Kriterium dar. Sie sind nur dann bereit, einen zum Teil deutlich höheren Preis zu bezahlen, wenn sie wissen, dass dem Tierwohl in der Bio-Landwirtschaft ein höheres Augenmerk geschenkt wird als in der herkömmlichen Produktion, die zum Teil genau aus diesem Grund unter starker Kritik steht. Dass es überhaupt Ausnahmen für die Weidehaltung für Biobetriebe gegeben hat, überraschte viele, einige sahen das sogar als Täuschung der Konsumenten.

Die neue EU-Bioverordnung soll am 1.1.2021 in Kraft treten. Sie beinhaltet unter anderem auch strengere Biokontrollen im Lebensmitteleinzelhandel.