Feuerwehrmänner stapfen durch den Wald
LPA/Freiwillige Feuerwehr Geiselsberg
LPA/Freiwillige Feuerwehr Geiselsberg
Chronik

Südtirol: Mehr als 800 Feuerwehreinsätze

In Südtirol ist die Lage durch das Schneechaos weiterhin angespannt. Zahlreiche Schulen, Kindergärten und viele Straßen blieben am Montag gesperrt. Zudem sind immer noch rund 2.300 Haushalte ohne Strom. Der Zivilschutz bleibt im Alarmbereitschaft.

Seit vergangenem Mittwoch herrscht in Südtirol Ausnahmezustand. Der Zivilschutz, die Feuerwehren und der Straßendienst sind im Dauereinsatz. Am Sonntag waren 180 Feuerwehren im Dienst, sie wurden zu 833 Einsätzen gerufen. Die Niederschläge haben am Montag zwar nachgelassen, wegen der durchweichten und wassergesättigten Böden bleibt die Situation aber kritisch.

Feuerwehrmann bei Aufräumarbeiten nach Schneechaos
ORF
Seit Tagen sind Südtirols Feuerwehrleute im Einsatz

Zug im Pustertal entgleist

Vor allem im Osten des Landes hat das Wetter gewütet. Am Montag um 6.00 Uhr ist ein Zug wegen einer Mure bei Mühlbach, am Eingang des Pustertals, entgleist. Vier Waggons wurden aus den Schienen gehoben. Verletzt wurde niemand. Glücklicherweise befanden sich nur zwei Personen im Zug, sie wurden von der Feuerwehr in Sicherheit gebracht.

Zug blockiert durch Mure
ORF
Eine Mure hat diesen Zug am Montag Morgen blockiert

Die Pustertaler Bahnlinie bleibt vorerst gesperrt. Die Staatsstraße wurde Montagmittag wieder geöffnet. Fast alle Kindergärten und Schulen blieben im Osten des Landes aus Sicherheitsgründen geschlossen.

Seit Tagen ohne Strom

Seit Montag Mittag sind noch 2.300 Haushalte in Südtirol ohne Strom. Grund dafür sind Bäume, die unter der Last des Schnees immer wieder auf Stromleitungen stürzen. Davon sind auch einige Mobilfunknetzbetreiber betroffen, in einzelnen Zonen sind deshalb auch die Handynetze ausgefallen. Die Arbeit der Monteure ist extrem gefährlich, wie dieses Facebook-Video zeigt.

Seit vergangenem Dienstag hat es im Osten des Landes drei Mal so viel geschneit und geregnet wie sonst im ganzen November. Am Sonntag fielen dort sogar 60 bis 70 Liter Niederschlag pro Quadratmeter. Im hinteren Ahrntal in Prettau hat sich am Sonntagnachmittag eine Lawine Richtung Dorfzentrum gelöst. Verletzt wurde niemand.

Lawine nähert sich einem Haus
Freiwillige Feuerwehr Prettau
Die Lawine im Ahrntal, in Prettau

Erdrutsche auch im Eisackal

Auch in Barbian, im Eisacktal, hat sich Montagfrüh eine Mure gelöst. Der Hühnerstall und die Garage des Fall-in-Aich-Hofes wurden dabei stark beschädigt. Durch die Mure wurde der Stall sechs Meter verschoben, 800 Hühner wurden von den Erdmassen mitgerissen. Der Bauer bemerkte das Unglück gegen 6.00 Uhr Früh durch Zufall, da der Strom ausgefallen war. Die Bewohner vom Hof müssen nicht evakuiert werden, die Feuerwehr kümmert sich um die Hangsicherungsarbeiten.

Hühnerstall nach Murenabgang im Eisacktal
ORF
Der durch eine Mure beschädigte Hühnerstall in Barbian

Wegen einer drohenden Vermurung wurden Sonntagabend in Brixen mehrere Personen evakuiert. Durch die starken Niederschläge ist ein Teil des Ackers unterhalb von Pinzagen, oberhalb von Brixen, abgerutscht. Rund 50 Personen mussten ihren Wohnungen verlassen. Sie konnten nach wenigen Stunden wieder heimkehren. Viele Nebenstraßen sind weiterhin gesperrt, der Bahnbetrieb konnte am Brenner inzwischen wieder aufgenommen werden.

Lawinen im Martelltal

Am Sonntag sind im Martelltal im Vinschgau zwei Lawinen abgegangen. Die erste kam erst im Ortskern von Martell zum Stehen. Verletzt wurde niemand, es wurden aber zwei Häuser beschädigt. Zwei Dutzend Personen mussten evakuiert werden. Die 70 Betroffenen konnten unter anderem im Bürgerhaus unterkommen. „Es war beängstigend, wir wussten nicht wie viel Schnee da jetzt noch kommt. Es war eine unheimliche Stille im Dorf, gleichzeitig hat man das Knacken der Bäume gehört“, erzählt Augenzeuge Christian Gurschler.

Die Lawine mitten im Dorf Martell
ORF
Die Lawine mitten im Dorf Martell

Oberhalb des 900 Seelendorfes Martell sind nach wie vor 40 Berghöfe von der Außenwelt abgeschnitten. Nach drei Tagen gab es heute das erste Lebenszeichen von ihnen. Die Gemeinde Hintermartell sowie die Fraktion Waldberg sind seit Tagen ohne Strom. Auch das Telefonnetz funktioniert nicht. Die Menschen dort sind extreme Wetterereignisse gewohnt, sie werden mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgt. Die Einsatzkräfte sind rund um die Uhr mit den Aufräumarbeiten beschäftigt.

Bagger räumt Lawine im Tal weg
ORF
Die Aufräumarbeiten im Martelltal nach dem Lawinenabgang

Mit schwerem Gerät versuchen die Einsatzkräfte die enormen Schneemassen mitten im Dorf wegzuschaffen. Die Angst vor weiteren Lawinen geht im Dorf um. Oberhalb des Tales liegen zwei Meter Neuschnee.

Helden im Milchlaster

Nicht nur die Feuerwehrleute und die Arbeiter an den Stromleitungen haben in den letzten Tagen Außergewöhnliches geleistet. Helden waren auch die Fahrer in den Milchtransportern. Trotz gesperrter Straßen, hunderter unerreichbarer Bauernhöfe und Stromausfall haben sie es geschafft, die Milch von den Höfen zu holen. „Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen, es wäre sehr schade gewesen, den Rohstoff wegzuschmeißen. Da haben wir alle Hebel in Bewegung gesetzt, dass die Milch doch noch ihr Ziel erreicht“, so Milchbauer Hannes Prader. Teilweise hat sogar die Feuerwehr mitgeholfen, die Milch zu den Abnehmern zu bringen.

Schneeraupe im Einsatz
ORF
So schaut es derzeit in vielen Teilen Südtirols aus

Lage bleibt angespannt

Insgesamt sind in Südtirol 51 Landesstraßen gesperrt. Der Zivilschutzstatus „Bravo“ (Voralarm) bleibt bis morgen bestehen. Das wurde am Montag Mittag vom Landeswarnzentrum aufgrund des hohen Gefahrenpotentials festgelegt. „Die Lage bleibt nach wie vor angespannt, deshalb rufe ich die Bevölkerung dazu auf, sich auch weiterhin möglichst nicht im freien Gelände aufzuhalten“, sagte Südtirols Landesrat für Bevölkerungsschutz Arnold Schuler. Auch die Lawinengefahr ist hoch, die Einstufung bleibt vorerst auf Stufe 4 in den Bergen.

Lawine nähert sich einem Haus
Freiwillige Feuerwehr Prettau
Durch den starken Wind ist die Lawinengefahr hoch

Die Einsatzkräfte haben am Montag nur eine kurze Verschnaufpause. Schon am Abend wird Tief Nummer 7 erwartet. Dieses soll zwar weniger stark ausfallen, es gilt jedoch Alarmbereitschaft im ganzen Land. Erst ab Mittwoch soll sich das Wetter wieder beruhigen.