Freiwilliger am Krankenbett
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Gelebte Nächstenliebe im Krankenhaus

Im Krankenhaus von Brixen gibt es einen Seelsorge-Dienst der besonderen Art: 30 Freiwillige verbringen dort Zeit mit Patienten, die sie eigentlich nicht kennen. Kranke, die niemanden haben, der sich um sie kümmert oder sie besuchen kommt, fühlen sich so nicht ganz alleine gelassen.

Die Freiwilligen sitzen am Bett eines Patienten und vermitteln ihm oder ihr allein durch ihr Dasein Geborgenheit und Trost. Voraussetzungen für diesen Dienst sind ein offenes Herz und der Respekt anderen und sich selbst gegenüber. Pflegerische Aufgaben sind keine zu übernehmen.

Zwei Freiwillige und die Seelsorgerin am Tisch
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Peter Pezzei, Ancilla Lechner und Valentin Ploner (v.l.n.r.) bei einer gemeinsamen Dienstbesprechung im Krankenhaus Brixen.

Die Nacht für andere opfern

Peter Pezzei ist einer von rund 30 Freiwilligen „Nachwächter“ im Brixner Krankenhaus. Sein Dienst beginnt, wenn andere schlafen gehen. Um 22.00 Uhr stellt er sich am Krankenbett vor und bietet seine Hilfe an. Freiwillige Sitzwache in der Nacht nennt sich der Dienst an den Menschen. „Meine Frau ist verstorben. Zuvor habe ich sie viele Jahre lang gepflegt“, sagt Pezzei noch immer mit Wehmut in der Stimme, „wenn ich den Kranken hier im Spital helfen kann und sie ein Stück weit begleiten darf, gibt mir das Genugtuung“, ist der Mühlbacher froh.

Nach einem ersten Kennenlerngespräch mit den Patienten, können diese selbst entscheiden, ob sie möchten, dass Peter Pezzei die Nacht in ihrem Zimmer verbringt. Viele der Kranken nehmen das Angebot gerne an. „Vor allem, wenn man eine böse Krankheit hat wie ich“, weiß Antonia Parmeggiani aus Brixen aus eigener Erfahrung zu berichten, „ist man froh darüber.“ Mit ihrem Krebsleiden, sagt die Seniorin, sei sie ohnehin schon am Boden.

Freiwilliger am Krankenbett
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Peter Pezzei ist verwitwet. Nachdem er viele Jahre seine eigene Frau gepflegt hat, kümmert er sich jetzt um einsame Patienten.

Dienst an den Menschen

Die Krankenhaus-Seelsorge in Brixen hat diesen Freiwilligen-Dienst im Jahr 2015 initiiert. Das Personal versucht hinzuhören und hinzuschauen, was der Mensch – abgesehen von der medizinischen Versorgung – noch braucht. „Wir sehen, dass viele Patienten oft eine Einsamkeit verspüren. Sie fühlen sich alleine, weil sie entweder tatsächlich niemanden haben, der sie besuchen kommt, oder weil Familienangehörige nicht jeden Tag Zeit haben“, zeigt sich Krankenhaus-Seelsorgerin Ancilla Lechner verständnisvoll. Und auch das Krankenhauspersonal könne diese Arbeit nicht alleine abdecken.

Daher hilft auch Valentin Ploner als Freiwilliger aus. Ploner ist Mesner im Kloster Neustift. Auch er besucht unentgeltlich Patienten im Spital von Brixen. „Mir gibt dieser Dienst viel – sogar mehr, als man selbst gibt“, ist der Familienvater aus Aicha überzeugt. Oft verbringt er Zeit mit Priester Eduard Scheiber, der sich über einen Rundgang im Garten freut. Unter den Laub- und Nadelbäumen des Krankenhauses machen die beiden einen gemütlichen Plausch oder spielen Karten.

Mesner hilft Pfarrer
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Valentin Ploner „spendet“ Patienten gerne seine Freizeit. Sie spielen Karten oder gehen einfach mal gemeinsam an die frische Luft.

Hilfe immer willkommen

Peter Pezzei leistet seine Stunden in der Regel nachts. Wenn er eine Vertrauensbasis geschaffen hat und die Patienten eingeschlafen sind, zieht sich der Witwer etwas zurück und betet. Manchmal auch zwei oder drei Rosenkränze pro Nacht. „Das hält mich wach, bis ich um 5.00 Uhr dann wieder nach Hause gehen kann“, sagt der „Nachtwächter“ mit einem Lächeln im Gesicht.

Wie das Beispiel von Mesner Valentin Ploner zeigt, ist die Hilfe aber nicht nachtgebunden. Wenn Patienten niemanden haben, sind sie über den Beistand auch tagsüber glücklich. Dankbarkeit und Zufriedenheit stellen sich dann auf beiden Seiten ein. Einen solchen Freiwilligen-Dienst gibt es an vielen Spitälern, und die Seelsorger sind auch immer auf der Suche nach neuen Helfern, die Zeit mit einsamen Patienten verbringen möchten.