Landtagssitzung zum Gedenken an 100 Jahre Vertrag St. Germain
Landtagsdirektion/Berger
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Politik

Teilung Tirols: Hoffen auf Begnadigung

In einer Gedenksitzung hat der Tiroler Landtag am Dienstag an die Abtrennung Südtirols durch den Vertrag von St. Germain vor 100 Jahren erinnert. Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sprach sich dabei für die generelle Amnestie der noch lebenden Südtirol-Aktivisten aus.

Zuvor hatte es einen Appell des Autors Felix Mitterer als Festredner gegeben, die drei noch lebenden, sogenannten „Pusterer Buam“, zu begnadigen. Sie waren in Abwesenheit für ihre Beteiligung an Anschlägen in den 1960er in Italien zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Zum Teil auch für Taten, die sie nicht begangen hätten, wie Mitterer betonte, der sich intensiv mit den traumatischen Seiten der Südtiroler Geschichte wie der Option befasst hat.

Festredner Felix Mitterer mit Vertretern aus Tirol, Südtirol und dem Trentino vor der Gedenksitzung
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Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann und Festredner Felix Mitterer (2. von rechts) mit den Landeshauptleuten Günther Platter und Arno Kompatscher sowie Landesrätin Giulia Zanotelli aus dem Trentino

Es gehe um mehr als um „den Seelenfrieden dieser drei alten Männer“, es gehe „auch um eine Symbolik, dass man in Italien ein Zeichen der Versöhnung setzt“, sagte Platter in der Gedenksitzung, die unter dem Motto „Zerreißung und Hoffnung“ stand. Erst vor wenigen Wochen habe er dieses Anliegen wiederum bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen und beim italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella deponiert.

Zusammenwachsen in EU überwindet „Unrechtsgrenze“

Platter und der Südtiroler Landeshauptmann Kompatscher (SVP) betonten in ihren Reden, dass vor 100 Jahren eine „Unrechtsgrenze“ zwischen Südtirol und Nordtirol bzw. Österreich gezogen worden sei: „Nur weil es nun 100 Jahre Unrecht ist, wird daraus auch heute, 100 Jahre später, kein Recht“, meinte Platter. Die Narben würden heute aufgrund der Möglichkeiten aber nicht mehr so schmerzen, betonte der Tiroler Landeshauptmann. Er verwies auf das Fallen der Grenzen innerhalb der EU und auf die Europaregion mit Tirol, Südtirol und dem Trentino. Die drei Länder hätten viele gemeinsame Interesse, etwa beim Verkehr.

Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter bei seiner Rede im Rahmen der Gedenksitzung zu 100 Jahre Vertrag von St. Germain
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Landeshauptmann Günther Platter verwies auf das Gemeinsame in der Europaregion Tirol

Kompatscher unterstrich, dass nun mit der Europaregion Tirol „wieder zusammenwächst, was zusammengehört“. Die Südtirol-Autonomie und die Überwindung der Grenze am Brenner im Zuge der europäischen Einigung seien „die Zukunftsperspektive“ Südtirols. In punkto Faschismus und Nationalismus gab Kompatscher zu bedenken: „Wir waren nicht nur Opfer. Auch bei uns gab es Anhänger dieser Ideologien“. Und Kompatscher warnte vor neuem Nationalismus und Abschottung. Es brauche aber den Willen zu einem friedlichen Zusammenleben und zum Kompromiss, verwies Kompatscher auf das Beispiel Südtirol.