Platzertal
Sebastian Frölich
Sebastian Frölich
Klima & Umwelt

Global 2000: Tirols Klimapolitik „am Irrweg“

Die Umweltschutzorganisation Global 2000 hat scharfe Kritik an der Tiroler Klimapolitik geübt und LH Anton Mattle (ÖVP) gemahnt, Klimaschutz „endlich“ zur Priorität zu machen. Das Land sei aktuell „auf einem Irrweg“, etwa beim Ausbau des Kraftwerks Kaunertal. Die ÖVP wies die Kritik zurück.

Eigentlich ambitionierten Klimaschutzplänen würden mangelnde Umsetzung und „kontraproduktive Projekte“ gegenüberstehen, hieß es bei einer Online-Pressekonferenz am Dienstag. Kritisch äußerte sich Global 2000 zum geplanten Kraftwerksausbau im Kaunertal. Statt müsse verstärkt auf weniger Stromverbrauch gesetzt werden.

Der Energiesprecher der Tiroler ÖVP, Martin Mayerl, betonte dagegen, dass „mit einer Verhinderungs-Grundhaltung die Energiewende sicherlich nicht gelingen wird“. Er verlangte deshalb auch von Umweltschützern ein klares Bekenntnis zum weiteren Ausbau der Wasserkraft.

Landesregierung agiert „ambitionslos“

So habe Tirol Energieautonomie und Unabhängigkeit von fossiler Energie erst 2050 avisiert – im Widerspruch zu Plänen der Bundesregierung. Diese habe Klimaneutralität schon 2040 als Ziel gesetzt. Die schwarz-rote Landesregierung habe „faulen Ausreden“ parat, warum das nicht möglich sei, kritisierte Klima- und Energiesprecherin Viktoria Auer. Zwischenziele der Landesregierung seien zudem „sehr ambitionslos“, Probleme würden vielmehr „in die Zukunft ausgelagert“.

Tirol Schlusslicht bei Senkung der Treibhausgase

In allen anderen Bundesländern außer Tirol seien etwa seit 2010 Treibhausgasemissionen zumindest leicht reduziert worden. Tirol liege mit einem Minus von nur 0,2 Prozent abgeschlagen auf dem letzten Platz im Bundesländervergleich. Trotz eigener Zielsetzung sei zudem der Energieverbrauch in den vergangenen zehn Jahren kaum gesenkt worden – seit 2010 nur um 1,7 Prozent. Das liege unter anderem am hohen Anteil von Öl- und Gasheizungen. Diesbezüglich sei Tirol im Bundesländerranking „abgestürzt“ und liege vor Wien (47,1 Prozent) mit 38,3 Prozent auf dem vorletzten Platz. Zwar habe man den Anteil an Ölheizungen reduziert, Gas jedoch ausgebaut. „Damit steigt man von einem fossilen Energieträger auf einen anderen um“, kritisierte Auer.

Forderung nach mehr E Autos, Rad- und Fußwegen

Ein anderes „Sorgenkind von Österreich und Tirol“ sei Mobilität – hier sei der Anteil an Pkw nur leicht reduziert und der Anteil an Öffis leicht gesteigert worden. Es sei zudem nötig, neben E-Autos auch Fahrrad und Fußwege zu forcieren. Lob gab es indes etwa für den Anteil an Ökostromproduktion gemessen am Strombedarf. Tirol liege hier mit 120,1 Prozent hinter dem Burgenland (183,7 Prozent) auf Platz zwei im Bundesländervergleich. Jedoch seien wegen des hohen Anteils an Wasserkraft und eines diesbezüglichen „Winterlochs“ Importe nötig. Das zeige auf, dass man auf diverse Energiequellen im erneuerbaren Bereich setzen müsse, so die Global-2000-Sprecherin.

Klimaneutralität früher realisieren

Abschließend forderte die Umweltschutzorganisation einen „ehrgeizigen Plan für eine naturverträgliche Energiewende“. So solle Tirol Klimaneutralität bereits 2040 analog zur Bundesregierung als verbindliches Ziel festlegen. Zudem sollten eine Halbierung des Energieverbrauchs, ein Stopp von Moorzerstörung und ein Aus für den geplanten Ausbau des Kraftwerks Kaunertal auf die Agenda. Im Energiesektor gelte es, das Potenzial von Photovoltaik und Wind zu nützen. Diesbezüglich regte die Umweltschutzorganisation einen entsprechenden Windzonen-Plan an. Außerdem könne der landeseigene Energieversorger Tiwag „auf geeigneten Flächen“ selbst für einen Ausbau sorgen.

ÖVP-Energiesprecher verteidigt Ausbau bei Wasserkraft

ÖVP-Energiesprecher Martin Mayerl wies die Vorwürfe von Global 2000 in einer Aussendung umgehend zurück. Tirol sei absoluter Vorreiter, wenn es um erneuerbare Energie gehe. „Umweltorganisationen müssen endlich erkennen, dass wir nur mit einem ausgewogenen Mix aus erneuerbaren Energieträgern die Energiewende schaffen werden. Wer ständig nur gegen etwas ist oder neue Projekte verhindert, trägt genau gar nichts zu mehr erneuerbarer Energie bei“, verteidigte Mayerl den geplanten Ausbau des Kaunertal-Kraftwerks und die Wasserkraft generell. Er verwies aber auch auf Pläne für Windkraftanlagen in Tirol. Zudem gebe es in Tirol eine massive Offensive für den Ausbau von Photovoltaik, unter anderem auch mit gezielten Förderungen von Seiten des Landes.

Jede Region solle ihr Potential bei erneuerbarer Energie bestmöglich nutzen, so Mayerl. „Im Osten Österreichs mag das die Windkraft sein, in Tirol ist es angesichts der topografischen Voraussetzungen definitiv die Wasserkraft.“ Damit könne Tirol auch Rückgrat der europäischen Energiewende sein. Mit großen Speicherseen und Pumpspeicherkraftwerken könnten Energiespitzen ausgeglichen werden, argumentierte der ÖVP-Landtagsabgeordnete.