Platter: Bildungsreform ist „großer Wurf“

Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hat die in Wien präsentierte Bildungsreform als „großen Wurf“ bezeichnet. Er war selbst Mitglied seit Juli in der Reformgruppe. Das neue System nehme mehr Rücksicht auf die Bedürfnisse der einzelnen Schulen.

„Das System wird flexibler und nimmt mehr auf die Bedürfnisse der einzelnen Schulen Rücksicht. Es bietet die Möglichkeit, Neues auszuprobieren und verhindert, dass immer alles über einen Kamm geschert wird,“ meint Bildungslandesrätin Beate Palfrader (ÖVP) in einer ersten Reaktion.

Mehr Schulautonomie

Die Bildungsreform sieht auch mehr Schulautonomie vor. Die Schulen erhalten demnach finanzielle, personelle und pädagogische Autonomie. Das betreffe die Öffnungszeiten, ein Vetorecht der Direktoren bei Neuanstellungen oder jahrgangsübergreifende Gruppen. „Entscheidungen sind vor Ort meist effektiver zu treffen. Damit tragen die Schulen, aber auch die Lehrpersonen, Eltern sowie die Schülerinnen und Schüler mehr Verantwortung“, erklärt Palfrader.

Modellregionen für gemeinsame Schule

Im Streit über die Gesamtschule haben sich die Koalitionsparteien in Wien laut Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) auf die Einrichtung von Modellregionen geeinigt. In Tirol habe man mit der Modellregion Zillertal als österreichweit einziges und erstes Bundesland die Weichen für eine gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen gestellt, betonte Platter in der Aussendung - mehr dazu in Regierung freut sich über Gesamtschulregion . Tirol werde diesen Weg fortsetzen und in einer eigenen Modellregion die gemeinsame Schule umsetzen.

Neue Schulverwaltung

Neu aufgestellt werden soll die Schulverwaltung. Jedes Bundesland soll eine Bildungsdirektion erhalten. Diese gemeinsame Bund-Länderbehörde in jedem Bundesland sei eine sinnvolle Lösung. Sie seien auch ein Beweis dafür, dass die Länder effizient und kostengünstig verwalten. Außerdem folgten sie der Einsicht, dass „die Herausforderungen für eine Schule in einer Großstadt wie Wien nicht dieselben sind wie in einem Tiroler Tal.“ Eine rechtliche Grundlage für die neuen Schulverwaltungsbehörden sollen bis August 2016 stehen.

SPÖ hätte sich bei Gesamtschule mehr gewünscht

Tirols SPÖ-Chef Ingo Mayr begrüßt im wesentlichen die vorgestellte Reform. Er nennt unter anderem die neuen Bildungsdirektion, die gestärkte Schulautonimie oder auch die Aufwertung von Kindergärten. Beim Thema Gesamtschule hätte er sich mehr gewünscht: "Nachdem sich Landeshauptmann Platter in der Vergangenheit für dieses Konzept stark gemacht hat, bestand die Hoffnung, dass er seine ÖVP-Kollegen auf Bundesebene überzeugen kann. Diese wurde leider enttäuscht, die ÖVP blockiert hier weiterhin“, sagt Mayr in einer Aussendung. Er fordert den Spielraum bei der Gesamtschule in Tirol voll auszuschöpfen. „Eine Modellregion nur dort einzurichten, wo es kein Gymnasium gibt, nämlich im Zillertal, ist eine schwache Vorstellung“, so Mayr.

Schülervertreter: Reformen müssen weiter gehen

Die Landesschülervertretung Tirols sieht die Bildungsreform als Startschuss für weitere Verbesserungen. Sie fordert weiter auch die Beteiligung der Schulpartner ein.

Die Wirtschaftskammer spricht anders als der Landeshauptmann von einer „kleinen Reform". „Die große Reform, die wir uns im Interesse unserer Unternehmen, unserer Kinder und künftigen Fachkräfte erwartet haben, ist es nur in Teilbereichen geworden“, so WK-Vizepräsident Martin Felder.

IV sieht Reform als Basis für weitere Neuerungen

Positiv sieht der Präsident der Tiroler Industriellenvereinigung, Reinhard Schretter, die gestärkte Schulautonomie. Weitere Schritte müssten aber folgen, sagt er. „Verwaltung und Organisation müssen zurücktreten zugunsten von Bildungszielen und individuellen Fähigkeiten“, so Schretter.

Grüne wollen Ausnahmen bei 15 Prozent Regelung

Die Grünen bedauern die 15 Prozent Hürde bei den Modellregionen für die Gesamtschule. Diese würde etwa eine Modellregion Innsbruck unmöglich machen, bedauert die Grüne Innsbrucker Bildungssprecherin Renate Krammer-Stark. Sie setzt auf weitere Verhandlungen, damit es Ausnahmen für große Städte gibt. Im Parlament braucht die Bildungsreform eine 2/3-Mehrheit.

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