Asylalltag zwischen Hoffnung und Verzweiflung

In ganz Tirol werden derzeit Unterkünfte für Asylwerber gesucht. Eines der ersten Flüchtlingsheime in Tirol und das einzige, das vom Land angekauft wurde, ist St. Gertraudi im Alpbachtal. Hier leben rund 60 Asylsuchende aus 20 Nationen und warten auf einen positiven Asylbescheid.

Rund 60 Asylwerber aus 20 Nationen leben im Flüchtlingsheim St. Gertraudi in Reith im Alpbachtal, die größten Bevölkerungsgruppen kommen aus Afghanistan, Somalia und aus Syrien.

Die Arbeit mit Flüchtlingen erfordere viel Fingerspitzengefühl und Überzeugungsarbeit, sagt Flüchtlingsbetreuerin Christine Eder-Haslehner: „Die kulturellen Differenzen, die sie aus ihren Heimatländern mitbringen, kommen auch bei uns zu tragen. Bestimmte Stämme sprechen zuerst nicht miteinander. Sie müssen sich erst überwinden – bis sie dann merken, dass sie alle im selben Boot sitzen und die gleiche Geschichte haben.“

Flüchtlingsheim St. Gertraudi

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Flüchtlingsbetreuerin Christine Eder-Haslehner mit Flüchtlingskindern

Was alle eint, ist der Wunsch in Österreich zu bleiben, hier eine Arbeit zu finden und ein neues Leben in Frieden führen zu können. Muna El Shafie aus dem Sudan möchte in Österreich ihren Beruf Tourismuskauffrau weiter ausüben und in einem Reisebüro arbeiten. Auch Sirsa Hasch-Achmed aus Syrien möchte in Österreich Arbeit finden, Daod Daod aus dem Sudan möchte ausreichend Deutsch lernen, um später hier eine Universität besuchen zu können.

Flüchtlingsheim St. Gertraudi

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Mehrmals die Woche besuchen die Asylwerber Deutschkurse.

Warten auf positiven Bescheid

Deutsch zu sprechen ist eine Voraussetzung, um in Österreich bleiben zu können. Mehrmals in der Woche drücken die Asylwerber deshalb die Schulbank. Nur wenige bekommen - nach meist monatelangem Warten - einen positiven Asylbescheid. Ein Moment der Freude bei den einen, aber auch der Bitterkeit und Enttäuschung bei den anderen, sagt Eder-Haslehner: „Wenn ein positiver Bescheid kommt, freuen sie sich schon sehr für denjenigen, der ihn bekommt. Auf der anderen Seite bricht für alle anderen eine Welt zusammen. Derzeit werden syrische Flüchtlinge bevorzugt behandelt. Ein Flüchtling aus dem Südsudan hat mich gefragt: ‚Sag mir, was ist anders? Warum bekommen diese Leute einen positiven Bescheid und ich nicht?‘“

Flüchtlingsheim St. Gertraudi

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Die 60 Flüchtlinge leben auf engem Raum.

„Flüchtlinge sind Menschen wie du und ich“

So wie auch in anderen Orten in Tirol gibt es wenig Kontakt zwischen den Asylwerbern und der Bevölkerung im Ort. Das soll sich ändern, sagt Heimleiter Heinz Purkarth: „Flüchtlinge sind genauso Menschen wie du und ich. Stell dir vor, dir passiert es, dass in deinem Land Krieg herrscht und du flüchten musst. Aber das musst du dir nicht vorstellen, weil es eigentlich unvorstellbar ist. Ich denke, mit so einer Argumentation kann ich die Bevölkerung am Krawattl packen.“

Seit gut einem Jahr gibt es einen Freundeskreis zur Unterstützung des Flüchtlingsheimes, der Konzerte, Diskussionsabende und Kochkurse initiiert, um das Haus nach außen zu öffnen und den Asylwerbern auch ein Gesicht zu geben.

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