Österreichs Jugend lebt ungesund

Ein alarmierendes Bild von der Gesundheit österreichischer Kinder und Jugendlicher haben Experten am Freitag beim Forum Alpbach gezeichnet. 800.000 Kinder sind übergewichtig, beim Rauchen sind Jugendliche hinter Bulgarien an der Spitze.

In Tirol leben vergleichsweise noch die gesündesten Kinder und Jugendlichen Österreichs. Das hat ein Bundesländervergleich der Liga für Kinder- und Jugendgesundheit ergeben. Der Kinderarzt Klaus Vavrik sagt, die Kinder in Tirol hätten österreichweit die Nase vorn bei der Lebenszufriedenheit, beim Gesundheitsstatus und beim Risikoverhalten. Tirol liege auf dem ersten Platz, insgesamt nehme aber die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen in Österreich und Europa den allerletzten Platz ein.

Auch in Tirol Mängel bei medizinischer Versorgung

Aber auch in Tirol gebe es medizinische Mängel bei der Versorgung. Während die Akutversorgung top sei, mangle es bei der Versorgung chronisch kranker Kinder wie etwa an Ergotherapie, Physiotherapie, Logotherapie oder Psychotherapie. Die Kinderpsychiatrie sei außer in den Schwerpunktstädten wie Innsbruck nahezu nirgendwo vorhanden.

Klaus Vavrik

ORF

Klaus Vavrik

Gesundheit spiele in der Wertewelt von Kindern- und Jugendlichen kaum eine Rolle, sagt der Experte. Die so oft in Schulen verteilten Broschüren über Ernährung und Bewegung hält der Experte für eine Fehlinvestition. Um Kindern ein Gesundheitsbewusstsein zu vermitteln, brauche es je nach Alter unterschiedliche Herangehensweisen. Kinder im Vorschul- oder Volksschulalter bräuchten Vorbilder, dann brauche es Wissensvermittlung und Jugendliche müsste man in ihren Lebensräumen erreichen.

Fettleibigkeit und psychische Probleme

Forum-Alpbach-Vizepräsidentin Ursula Schmidt-Erfurth, auch Leiterin der Wiener Universitäts-Augenklinik am AKH, sagte, in der Kinder- und Jugendgesundheit seien zum Teil beunruhigende Tendenzen zu registrieren.

In Österreich gebe es eine Frühgeburtenrate von 11,1 Prozent, im europäischen Durchschnitt seien es nur 7,1 Prozent. 30 Prozent der Betroffenen hätten schließlich Entwicklungsstörungen. 800.000 Kinder in Österreich seien übergewichtig, in Wien hätten 25 Prozent der Kinder einen Body-Mass-Index von über 25. Es gehe auch um das Umfeld, in dem Kinder und Jugendliche heranwüchsen: „Nur 40 Prozent der Erwachsenen können sich eine Erziehung ohne körperliche Sanktionen vorstellen. Nur 30 Prozent der Eltern erziehen ohne Gewalt.“

Schließlich, so die Medizinerin, würde auch die Computer- und Internet-Welt ihren Einfluss auf die Kinder und Jugendlichen haben. Ursula Schmidt-Erfurth: „Unter den Zwölf bis 14-Jährigen chatten 40 Prozent täglich. 30 Prozent dieser Einträge weisen auf psychische Probleme hin.“

Vortragssaal in Alpbach

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Gesundheitsgespräche in Alpbach

Österreich bei Rauchern „am Stockerl“

Der Präsident des Verbandes der pharmazeutischen Industrie, Robin Rumler, betonte die schlechten Lebensstil-Daten der österreichischen Jugend: „Es gibt viele Länder, die Spitzensportler hervorbringen. Wo steht da Österreich? Bei den Rauchern zwischen elf und 17 Jahren, da stehen wir am Stockerl. Wir sind die Zweiten nach Bulgarien unter den OECD-Ländern. Beim Alkoholkonsum sind wir am fünften Platz unter den OECD-Ländern.“ Würde sich der Trend zu ungesunder Lebensweise fortsetzen, würden sich bis 2030 jährlich Mehrkosten von jährlich 1,6 Mrd. Euro ergeben.

Datenlage in Österreich schlecht

In Österreich gibt es laut Experten außerdem nur mangelhafte Daten zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen bis 17. Anders ticken da offenbar die Uhren in Deutschland. Im Rahmen der vom deutschen Gesundheitsministerium auf zehn bis 15 Jahre bereits ausfinanzierten KiGGS-Studie wurde zwischen 2003 und 2006 erstmals der Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen bis zum Alter von 17 Jahren flächendeckend und repräsentativ erhoben.

Bei den diesjährigen Gesundheitsgesprächen in Alpbach steht die Kinder- und Jugendgesundheit im Zentrum. Ab Freitag diskutieren Experten beim Forum Alpbach, was zur Förderung der Gesundheit junger Menschen unternommen werden soll - mehr dazu in Gesund an den Start des Erwachsenenlebens.

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