400 Jahre Passionsspiele Erl

Über Jahrzehnte haben die Verantwortlichen der Passionsspiele Erl versucht, ihr Spiel zu erneuern - auch mit Aufträgen zu neuen Texten. Zum 400-Jahres-Jubiläum haben sie Felix Mitterer eingeladen, eine neue Passion zu schreiben. Regie führt der Schwazer Markus Plattner.

Felix Mitterer stellt in seiner Passion vor allem den Menschen Jesus Christus in den Vordergrund.

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Wechselvolle Geschichte

Entstanden sind die Passionsspiele Erl im 17. Jahrhundert durch ein Gelübde in Kriegs- und Pestzeiten. Erstmals belegt sind Aufführungen eines „Auferstehungsspiels“ im Jahre 1613 in der sogenannten „Comedihittn“, die letztlich zu Passionsspielen erweitert wurden.

Passionsspiele Erl

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Sendungshinweis

„400 Jahre Erl“-Doku am Montag um 17.30 Uhr in ORF2

Erl mit seinen Spielen erlangte weitum Bekanntschaft, 1703 und 1743 aber wurde die Kirche bei Kampfhandlungen in Brand gesetzt – mit ihr das dort gelagerte Rüstzeug der Spiele. 1809 brannte das ganze Dorf nieder. Die Erler bauten ihren Ort und eine Spielstätte neu auf, von 1868 bis 1933 wurde dieselbe Textfassung gespielt.

Verbot und noch ein Brand

1933 brannte das Passionsspielhaus des Ortes ab. Die Legung dieses Brandes ist heute noch ein Tabu. Zudem hatte die 1.000-Mark-Sperre der Nationalsozialisten - deutsche Staatsbürger mussten beim Grenzübertritt nach Österreich eine Gebühr von 1.000 Reichsmark bezahlen - viel bayerisches Publikum ferngehalten und auch Erls Wirtschaft schwer getroffen.

Passionsspiele Erl

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1946 – der Passionsspielverein war bis dahin verboten gewesen – formierten sich die Spieler neu. 1955 beschlossen sie, Robert Schullers modernen Bauplan in die Tat umzusetzen. Gemeinde und Bauern lieferten Grund und Holz, die Erler zeichneten Darlehen – und das bei schwierigster wirtschaftlicher Lage der Nachkriegszeit.

Stete Neuerung – ein junger Regisseur

Im Gegensatz zu manch anderen Passionsspielorten hat Erl immer wieder auf Neuerungen gesetzt: Autoren der letzten Jahre waren Ekkehard Schönwiese und Karl Lubomirski, Regie führten seit Kriegsende u. a. Erich Auer von der Exlbühne, Gerhard Lippert, Emo Cingl, Ekkehard Schönwiese und Rolf Parton. Heuer inszeniert Markus Plattner. Die Passion ist übrigens seine 100. Regiearbeit.

Die Spiele – ein Erler Phänomen

Rund 600 Mitwirkende sind auf der Bühne aktiv, die gesamte Besetzung wird von den Erlern gestellt - ein besonderer Stolz des Ortes. Spielen darf, wer Erler ist - egal ob hier geboren, zugezogen oder weggezogen. Schon im Kindesalter wachsen die Spieler in die Passionstradition, sie wirken zunächst im Volk und beim Chor mit. Nach Jahren mit größeren Rollen kehrt man im Alter wieder ins Volk zurück – ein Kreislauf, der ein besonderes Merkmal der Erler Passion darstellt.

Passionsspiele Erl

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Spielleiter Erwin Thrainer musste seinerzeit als Christusdarsteller kurzfristig einspringen

Anekdotisches aus der langen Tradition

Vor Jahrhunderten wurde Frauen und Kindern mitunter der Besuch der Spiele verboten, da sie allzu derbe Szenen beinhalteten, um das Publikum zu fesseln. So wurden dem gehängten Judas die Eingeweide in Form von Knackwürsten aus dem Leib gerissen.

In den Sechzigerjahren wollte einem übrigens vorzüglichen Christusdarsteller der gewünschte Bart nicht üppig sprießen, was Unsicherheit auslöste, ob ein bartloser Jesus statthaft sei: Man konsultierte den Salzburger Erzbischof und dazu noch den Kardinal von München, die die Erler beruhigten.

1912 geriet das Spiel des Christus so innig, dass Passionsbesucher nachher bei ihm die Beichte ablegen wollten.

1979 stürzte der Christusdarsteller Hans Kneringer nur wenige Tage vor der Premiere bei Proben in den Orchestergraben, so dass der heutige Spielleiter, Erwin Thrainer, einsprang und die Premiere rettete.

Maria Magdalena als Apostelin

Wie erwartet, sieht Felix Mitterer die Leidensgeschichte und Auferstehung Christi in neuem Licht: Judas ist der bitter scheiternde Rebell, der Christus herausfordern wollte, Christus ein menschlich oft Zweifelnder. Und die Frauen sind den Männern ebenbürtig: Maria Magdalena ist bei Mitterer nicht die ewige Sünderin, sondern die „Apostelin der Apostel“.

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Zwei Christus-Darsteller

Gab es für die Rolle des Christus bisher einen „Einspringer“ für den Notfall, so werden heuer zwei Darsteller sich in der Rolle Christi abwechseln: Erwin Kronthaler und Florian Harlander werden gleich oft zu sehen sein. Wer die Premiere spielt, wurde ausgelost.

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Premiere der neuen Erler Passion wird am 26. Mai sein. Martin Sailer und sein Team haben für ihren Film „Passionsspiele Erl - 400 Jahre Leidenschaft“ die Proben seit Dezember begleitet.

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