Altes Handwerk mit innovativem Ansatz
Schaffelle können nun ökologisch unbedenklich gegerbt werden. Dank eines neuen Gerbverfahrens mit Olivenblättern kann auf das umweltschädliche Chrom verzichtet werden. Der Gerber Niederkofler verwendet seit einigen Monaten die Olivenblattgerbung. Mit diesem neuen Geschäftszweig reagiert er auf die vermehrte Nachfrage nach rein biologisch hergestellten Produkten.
Sendungshinweis:
„Tirol heute“, 14.2.2019
Gerberei mit Nachhaltigkeit
Die Blätter sind ein Abfallprodukt der Olivenernte. Häufig werden sie verbrannt. Mit dem neuen Verfahren erhalten nun die Olivenbauern etwas Geld für die Olivenblätter. Diese werden dann nach einem Verfahren, das in der früheren Reutlinger Gerberschule entwickelt wurde, zu einem Olivenblattsirup verarbeitet, der als biologisch abbaubarer Gerbstoff verwendet wird.
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„Ich habe eine echte Gaude, dass dies nun so funktioniert“, freut sich Niederkofler, der schon als Kind im Familienunternehmen mitgearbeitet hat.
Nun können Schaffelle rein biologisch gegerbt werden. Vor allem auch für Felle, die für Babies gekauft würden, sei diese Form der Gerbung sehr vorteilhaft, so Niederkofler.
Interview Johann Niederkofler
Mit der Olivenblattgerbung hat der Gerber eine rein natürliche Form der Gerbung entwickelt.
85 Prozent aller weltweit produzierten Lederwaren werden heute mit Chromsalzen gegerbt. Mithilfe des Metallsalzes gelingt es, die verderblichen Tierhäute in ein geschmeidiges, stabiles und beliebig färbbares Material umzuwandeln. Allerdings soll die Chemikalie Gefahren für Umwelt und Gesundheit bergen, warnen Kritiker immer wieder.
Intensive Handwerksarbeit
In Johann Niederkoflers Gerberei gibt es zwei Stationen, so nennt er es selbst. In der Wasserwerkstatt werden die Felle gewaschen und gegerbt, in der Zurichterei schließlich getrocknet, geschliffen, gespannt und gekämmt. Zwei Monate dauert es, bis ein Fell fertig gestellt ist.
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60 bis 80 Felle verarbeitet der Gerber wöchentlich. Die Schaffelle bezieht er von heimischen Bauern. Der Tod von Tieren ist ein Teil des Berufes, so der Gerber. Die Haut sei ein Abfallprodukt der Fleischwirtschaft. Würden die Felle der Schafe nicht gegerbt, müssten sie entsorgt werden. Auch Jäger bringen ihm Felle zur Gerbung, hauptsächlich von Gämsen und Füchsen.
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Das sieht der Gerber pragmatisch: die Tiere müssen bejagt werden. Haut und Felle können durch Gerbung als Produkt weiterverarbeitet werden.
Interview Gerber
Statt Felle wegzuwerfen, würden sie durch das Gerben verwertet. Die Bejagung von Füchsen sei außerdem wichtig.
Vierte Generation im Gerberhandwerk
Im Jahre 1927 wurde die Gerberei Niederkofler gegründet, sie wird heute als Weiß- und Sämischgerberei geführt. Beim Weißgerben werden Felle gegerbt. Für das Sämischgerben wird Hirschhaut zu Veloursleder verarbeitet. Damit werden beispielweise Lederhosen gemacht.
Johann Niederkofler führt die Gerberei bereits in der vierten Generation. „Früher wurde die Gerberei als Rotgerberei geführt, das heißt, wir haben Schuhleder produziert; das hat sich mit der Zeit gewandelt. Da die Schuster immer weniger wurden, haben wir begonnen, Felle zu gerben, hauptsächlich für Dekorationszwecke. Ich mache das, seit ich sechs, sieben Jahre alt bin, da wir früher immer mithelfen mussten, als Kinder, und ich bereue nichts davon“, sagt der Gerber in Brixen im Thale.
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Es ist ein aussterbendes Handwerk. Auch bei Johann Niederkofler ist nicht klar, wer das Gewerbe einmal übernehmen wird. Mit der Nachhaltigkeit in Form der Olivenblattgerbung hofft er auf ein neues Geschäftsfeld, das viele Kunden interessieren wird.
Helena Fröhlich; tirol.ORF.at