Hin und her bei Südtiroler Koalitionsgesprächen
„Wir verkaufen sicher nicht unsere Werte“, erklärte der Obmann der Südtiroler Volkspartei Philipp Achammer, als er Montagabend den Start der Koalitionsverhandlungen mit der Lega verteidigte. Die rechtspopulistische Partei war als stärkste italienische Partei bei den Südtiroler Landtagswahlen im Oktober hervorgegangen. Ihre Werte hielt die SVP in einem Papier fest, in dem sie ein Bekenntnis zu Europa, zum friedlichen Zusammenleben, zur Südtirol-Autonomie und zu den Menschenrechten formulierte.
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Die Lega sollte diesen Wertekatalog schon vor Beginn der Koalitionsverhandlungen unterschreiben. Es gebe „keine Koalition um jeden Preis“ mit der Lega, ohne die Zustimmung des möglichen Regierungspartner sollte nicht verhandelt werden: „Sonst reden wir gar nicht“, so Philipp Achammer.
Veto aus Rom
Anfangs wollte die Südtiroler Lega diese Wertecharta unterschreiben. Nach Rücksprache mit der Parteiführung in Rom am Dienstag gab es allerdings ein Veto zur Unterschrift. Weder Lega-Frontmann und Vize-Premier Roberto Salvini noch Roberto Calderoli, Parteischwergewicht und Vizepräsident des Senats, wollten sich dem als Diktat empfundenen Wertekatalog der SVP im Vorhinein beugen.
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„Beleidigende Forderung“ und Dilemma
Die Forderung, ohne jegliche Regierungsverhandlungen eine Wertecharta zu unterzeichnen, sei beleidigend, fand nun auch Massimo Bessone, Südtirol-Koordinator der Lega und möglicher zukünftiger Landesrat. Er verweigerte eine Unterschrift.
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Die SVP hielt zunächst fest an ihrer Forderung nach einer Unterschrift fest. Das stellte die Partei allerdings vor ein Dilemma, eine alternative Regierungsbildung mit den Grünen kommt für viele in der Volkspartei nicht in Frage.
Kehrwerte am Donnerstag
Am Donnerstag ruderte die SVP dann zurück. Die Lega könne die Wertecharta auch erst mit dem Koalitionsvertrag unterzeichnen, das wurde bei einem Geheimtreffen zwischen Landeshauptmann Arno Kompatscher, SVP-Obmann Achammer und Lega-Speerspitze Bessone in Bozen beschlossen.
Die Lega zeigte sich mit dieser Lösung zufrieden: „Wir sind übereingekommen, dass es keinen Sinn macht, sich wegen eines Vorvertrages festzufahren“, erklärte der Südtirol-Koordinator der Lega Massimo Bessone am Donnerstag Abend gegenüber der Nachrichtenagentur ANSA. „Am Ende der Verhandlungen wird dann ein Dokument unterzeichnet, dass die Handschrift der Lega und jene der SVP trägt.“
Der Katalog kommt, aber erst später
Am Freitag erklärte auch Landeshauptmann Arno Kompatscher, dass es nicht wichtig sei, ob der Katalog jetzt oder später unterzeichnet werde. Dabei hatte er am Montag selbst wörtlich eine „schriftliche Zustimmung“ als Vorbedingung für Gespräche genannt. Jetzt schwächte er ab: Nur wenn die Lega auch nach den Verhandlungen dem Ethikkodex nicht zustimme, komme keine Koalition zustanden.
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Schon am Wochenende könnten die Koalitionsverhandlungen beginnen - für die Glaubwürdigkeit der nächsten Landesregierung ist das viele Hin und her kein wirklich guter Start.