Austrotürken drohen große Verluste

Eine mögliche Doppelstaatsbürgerschaft könnte für 1.800 Austrotürken in Tirol zum Problem werden. Ihnen droht die Aberkennung der österreichischen Staatsbürgerschaft, das hätte weitreichende Folgen auf Job und Vermögen.

Im Oktober startet am Tiroler Landesverwaltungsgericht das Musterverfahren zu den möglichen Doppelstaatsbürgerschaften. Bereits im April 2017 war eine türkische Wählerliste aufgetaucht, die die Daten von vermeintlichen Doppelstaatsbürgerschaftsbesitzer enthielt - mehr dazu in Behörden wollen türkische Wahllisten prüfen (ooe.ORF.at). Auch 1.800 in Tirol wohnhafte Personen befanden sich auf der Liste, sie stehen im Verdacht, nach der österreichischen Staatsbürgerschaft auch die türkische Staatsbürgerschaft angenommen zu haben.

Türkischer und österreichischer Reisepass

APA/Georg Hochmuth

Bei einer rechtswidrigen Doppelstaatsbürgerschaft kann die österreichische entzogen werden

Musterverfahren soll Richtung weisen

Das erste Verfahren dazu findet Anfang Oktober statt. Diese Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts wird wegweisend für die 1.800 Personen sein. Man warte dieses Musterverfahren ab, damit dann klar werde, wie mit den restlichen Personen verfahren werde, erklärte Martin Plunger von der Abteilung Staatsbürgerschaft des Landes Tirol.

Diese Wartezeit sei für die Betroffenen schwierig, erklärte Anwalt Vedat Gökdemir. Er betreut derzeit über 20 der Betroffenen in Vorarlberg, Salzburg und Tirol. Unter ihnen herrsche Unsicherheit, weil die Folgen bei einer drohenden Aberkennung der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht klar seien.

Türken könnten Haus und Wohnung verlieren

Der Verlust der Staatsbügerschaft könnte massive Folgen für die betroffenen Personen haben. Weil die Türkei ein Drittland ist, müssten Betroffene um humanitären Aufenthalt in Österreich ansuchen. Das würde auch einen Jobverlust mit sich bringen, weil sie bis zu einer Entscheidung darüber nicht arbeiten dürfen. Auch ihr Vermögen wie etwa Häuser oder Grundstücke könnten bedroht sein, erklärt Gökedemir.

leerstehende Wohnung Südtirol.
Immobilien, Besichtigung

ORF

Kaufverträge über Liegenschaften könnten durch eine Aberkennung der Staatsbürgerschaft ungültig werden

Als Nicht-EU-Bürger braucht man in Tirol eine Genehmigung für den Erwerb von Liegenschaften. Sollte der Kauf stattgefunden haben, als die österreichische Staatsbürgerschaft durch die türkische bereits ungültig war, wäre auch der Haus- oder Grundstückskauf im Falle einer Aberkennung ungültig. Damit müsste der Kauf rückabgewickelt werden. Das würde auch den Verkäufer treffen, der das Geld ja oft nicht mehr habe, erklärte Gökdemir.

Auch Leistungen, die nur Staatsbürger erhalten, wären unter solchen Umständen theoretisch zurückzuzahlen, erklärte Gökdemir. Das seien allerdings derzeit theoretische Folgen, da erst die Entscheidungen abgewartet werden müssten. Wie realistisch solche Szenarien sind, lasse sich laut Karl Nöbl, dem Zuständigen für das Grundverkehrsrecht in Tirol, noch nicht beurteilen. Die Möglichkeiten würden bestehen, man müsse allerdings erst die Verhandlungen abwarten.

Aberkennungen in anderen Bundesländern

In Vorarlberg, Salzburg und Wien haben bereits erste Verfahren stattgefunden. Sie endeten mit dem Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft für die Betroffenen. Diese Entscheidungen wurden allerdings von Verfassungsrechtlern kritisiert, da die Echtheit der türkischen Wählerliste nicht bewiesen werden konnte. Bei diesen Fällen könnte es zu Einsprüchen und damit zu weiteren rechtlichen Instanzen kommen.