Hypo-Minus von 110 Mio: Hilfe nicht nötig
Die Hypo Tirol Landesbank muss aus ihrem Italien-Geschäft bis zu 120 Millionen Euro an ausgefallenen Krediten abschreiben, teilte die Bank am Freitagnachmittag in einer Aussendung mit.
Wie Aufsichtsrat und Vorstand am Nachmittag bekanntgaben, gebe es bei den Krediten in Italien ein Loch von 120 Millionen Euro. Für die Landesbank bedeute das, dass sie heuer mit einem massiven Minus beim Konzernergebnis abschließt. Schuld am Problemen sei die lockere Kreditvergabe in Italien, die vom früheren Vorstand zu verantworten sei.
ORF
Bank sieht sich als Betrugsopfer
Insgesamt betrage das Kreditvolumem in Italien 1,2 Milliarden Euro, erklärte Aufsichtsratsvorsitzender Wilfried Stauder. Das Problem sei, dass in den Jahren 2003 bis 2008 vom früheren Vorstand ohne kaufmännische Sorgfalt Kredite vergeben worden seien: Die Verantwortung liege eindeutig beim früheren Vorstand, deshalb sei ja eine Neustrategie begonnen worden, mit einer Konzentration auf das Tiroler Geschäft mit Südtirol und dem Trentino und einer Beschränkung auf mittlere und kleinere Kredite, „ohne Großmannssucht zu betreiben“, sagte Stauder.
ORF
Mehr als 1.300 Kreditverträge wurden überprüft. Die meisten ausfallgefährdeten Darlehen wurden über Vermittler abgeschlossen. Kreditunterlagen seien nicht vollständig, Liegenschaften teilweise falsch bewerte worden. Die Bank sieht sich als Betrugsopfer.
Man habe Kredite bis nach Sizilien und Kalabrien ohne entsprechende Sicherheiten vergeben. Es seien auch externe Berater mit im Spiel gewesen. Das Ganze habe auch kriminelle Dimensionen und man werde versuchen, die Personen zur Verantwortung zu ziehen: „Das betrifft alle Personen die in Italien grobfahrlässig mitgespielt haben. Es ist verbrecherisch, mit fremden Vermögen derart umzugehen“, so Stauder. Für die Hypo Bank bedeute das, dass man heuer mit einem Minus von 110 Mio. Euro abschließe: „Das geht noch aus eigener Kraft, weil man eine Eigenmittelquote von 630 Mio. Euro hat.“
ORF
Kündigungen in Tirol nicht erwartbar
Vorstandschef Markus Jochum betonte, dass es in Tirol keine Kündigungen geben werde: „Was den Österreichteil anlangt, kann ich betriebsbedingte Kündigungen ausschließen. Für das Italiengeschäft ist das so nicht haltbar, aber auch nicht das Gegenteil. Hier wird zu prüfen sein, wie das künftige Geschäftskonzept aussieht.“
Sorgenkind Italien-Geschäft
Das Italien-Geschäft bereitet der Landesbank seit längerem Kopfzerbrechen. Im Dezember 2009 musste der damalige Vorstand Hannes Gruber gehen. In weiterer Folge wurden auch die beiden weiteren Vorstände ausgetauscht.
ORF
Raus aus dem Italien- und zurück zum Kerngeschäft lautete die Devise, die die Landesregierung und der Aufsichtsrat dem jetzigen Vorstand Markus Jochum vorgaben. In weiterer Folge wurden auch die Vorstände bei der Hypo Tirol Bank Italien ausgetauscht. In den letzten beiden Jahren musste die Hypo Tirol Kredite von rund 140 Millionen Euro abschreiben.
Platter: Rückschlag in der Neuausrichtung
Als Rückschlag in der Neuausrichtung der Bank hat Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) die am Freitag bekanntgegebenen Abschreibungen im Italiengeschäft bezeichnet. Die Bank steht zu 100 Prozent im Eigentum des Landes. „Ich habe den Aufsichtsrat ermächtigt, alle notwendigen Schritte für eine schonungslose Aufarbeitung einzuleiten“, so Platter: „Als Eigentümervertreter haben wir mit dem Austausch der gesamten Führungsetage einen klaren Schnitt gesetzt“, erklärte der Landeshauptmann. „Es ist kein Geheimnis, dass ich mit der damaligen Strategie und Entwicklung keine Freude hatte. Dass in diesem Zusammenhang immer noch Altlasten auftauchen, ist sehr ärgerlich“, fügte Platter hinzu.
SPÖ fordert Einblick ins operative Geschäft
Man werde sich nicht damit zufrieden geben, dass der Vorstand berichtet, hieß es in einer Reaktion der SPÖ. Vielmehr sollten die bestellten Kontrollorgane mehr Einsicht ins operative Geschäft bekommen, fordert SPÖ-Klubobmann Hans-Peter Bock.
Es stelle sich nämlich die Frage, warum dem Aufsichtsrat die Risikogeschäfte nicht bekannt waren. „Offensichtlich braucht es eine bessere Kommunikation zwischen Vorstand und Aufsichtsrat", so Bock.
Opposition: Frage zu möglicher Landeshilfe
Nach dem Bekanntwerden des Wertberichtigungsbedarfs der landeseigenen Hypo im Italien-Geschäft stellten die Oppositionsparteien Liste Fritz und Grüne die Frage nach der Notwendigkeit einer Landes- bzw. Staatshilfe. „Jetzt müssen die Fakten schonungslos auf den Tisch, die Tiroler Steuerzahler haben ein Recht zu wissen, ob sie der Landesbank Millionen zuschießen müssen und ob die Hypo Landes- und Staatshilfe braucht“, sagte der Klubobmann der Liste Fritz, Bernhard Ernst.
Die Grünen prangerten die Prognose von 5,8 Prozent bei der Konzernkapitalquote an. „Der EU-Bankenstresstest verlangt 5 Prozent, darunter ist keine Banktätigkeit mehr möglich“, hieß es in einer Aussendung am Samstag. „Angesichts der aktuellen Verluste liegt die Hypo nur mehr knapp über dem Minimum, das gesetzlich verlangt wird“, meinte der Grüne Landtagsabgeordnete Gebi Mair. „Ich befürchte deshalb, dass die Tiroler Steuerzahler noch mehr zur Aufrechterhaltung der Tätigkeit in die Hypo bezahlen müssen“, fügte er hinzu. Schließlich habe das Land Tirol 2009/10 schon 100 Mio. Euro nachgeschossen.
Kritik übte Mair erneut an der fehlenden Kontrolle über die Bank. Es handle sich seiner Meinung nach nicht nur um Altlasten. „Der Italien-Kurs wurde auch in den vergangenen Jahren weitergefahren. Und die Kontrolle durch Landeshauptmann Platter als Eigentümervertreter fand offenbar nicht statt“, meinte er. „Warum wurde nicht früher eingegriffen und die Entwicklung gestoppt“, fragte sich der Politiker.
Auch die Liste Fritz fürchtete weitere Verluste: Nach Abschreibungen von insgesamt 260 Mio. Euro in den vergangenen drei Jahren sei fraglich, ob es dabei bleibt, sagte Ernst und stellte die Frage, wer „jetzt die Verantwortung für dieses 260-Millionen-Euro-Finanzdebakel“ übernimmt.
Fritz Gurgiser vom „Bürgerklub Tirol“ forderte, dass strafrechtlich relevantes Verhalten diesseits und jenseits des Brenners rigoros geahndet werden müsse. Weiters müsse die Bank sicherstellen, dass „dieser Schaden nicht auf den Tiroler Kundenstamm sowohl in den Wirtschaftsbetrieben als auch im privaten Kundenbereich überwältzt“ würde.