Warum wirkt Kitzeln bei einem selbst nicht?

Kitzeln bringt viele Menschen unfreiwillig zum Lachen. Warum kann man damit nur andere Menschen zum Lachen bringen, aber sich selbst nicht? Das fragen sich zwei Schülerinnen des BRG Imst im ORF Tirol Redhaus.

Carmen und Hannah suchten lange nach einer Frage, bevor das ORF Tirol Redhaus an ihre Schule gekommen ist. Im Gepräch mit ihren Familien fiel ihnen dann die Frage mit dem Kitzeln ein: Warum hat es keinen Effekt, wenn man sich selbst kitzelt? An dieser Frage hat auch die Wissenschaft lange geforscht. Der Neurologe Gerhard Franz lud die beiden Schülerinnen in seine Praxis nach Telfs ein.

Redhaus Auflösung Kitzeln

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Carmen und Hannah sind sich einig: Sich selbst mit Kitzeln zum Lachen zu bringen ist unmöglich

Sendungshinweis

„Tirol heute“, 24.5.2018
19:00 Uhr, ORF 2

Man müsse zwei Arten des Kitzelns unterscheiden, meint er. Mit dem sehr feinen, zarten Kitzeln könne man sich selbst sehr wohl zum Erschaudern bringen, etwa wenn man mit einer Feder ganz leicht über die Unterarme fährt, erklärt Franz. Das grobe Kitzeln entstehe, wenn jemand fest und oft auch unerwartet zupacke und man lachen müsse, so Franz. Dieses Kitzeln haben Carmen und Hannah auch gemeint.

Kitzeln als Gegenstand der Forschung

An der Frage von Carmen und Hannah wurde von Wissenschaftern weltweit lange geforscht.

Kitzeln löst Schutzfunktion des Gehirns aus

Das funktioniere besonders an eigentlich geschützten Körperstellen wie etwa unter den Achseln oder an der Taille. Weil diese Stellen besonders empfindlich sind, gehe der Körper erst einmal in eine Abwehrreaktion. „Der Körper zuckt zusammen, der Betroffene versucht sich zu wehren. Sogar Babys reagieren hier gleich, oder auch Tiere wie der Schimpanse oder auch die Ratte“, so Franz. Wird dieses Kitzeln von einem Fremden ausgelöst, komme es nicht zu einem Lachen. Nur wenn man der anderen Person vertraut, muss man lachen. Das Gehirn signalisiert dadurch, dass keine Gefahr besteht. Der anderen Person vermittelt das Lachen „du kannst mich an einer empfindlichen Stelle berühren, das macht mir nichts“. Das Lachen ist also eine Entwarnung des Gehirns.

Selbst Philosophen in der Antike hatten gleiche Frage

Mit der Frage, warum man sich aber selbst nicht kitzeln kann, habe sich bereits Aristoteles in der Antike beschäftigt, erklärte Franz weiter. Die Reaktion auf das Kitzeln ist also wie bereits erklärt vor allem eine Schutzfunktion. Kitzelt man sich selbst, erkennt das Gehirn, genauer gesagt das Kleinhirn, dass die kitzelnde Hand die eigene Hand ist und gibt Entwarnung, dass nichts passieren kann. Deswegen hat es keinen Effekt, sich selbst zu kitzeln.

Redhaus Auflösung Kitzeln

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Neurologe Gerhard Franz hat eine Antwort für die zwei Schülerinnen vorbereitet

Was macht Überraschung aus?

Ob der Überraschungseffekt da etwas ausmache, wollen die zwei Mädchen dann noch wissen. Lacht man mehr, wenn man überraschend gekitzelt wird? Im ersten Moment nicht, erklärte Franz. Wenn jemand einen von hinten kitzle, folge zuerst die Abwehrreaktion des Körpers. Dreht sich der Betroffene dann um und sieht einen vertrauten Menschen, dann erst würde das Lachen einsetzen, erklärt Franz. Erst wenn das Gehirn also erkennt, dass keine Gefahr besteht, kommt zum Kitzeln auch das Lachen dazu.