Eklat am Bozner Verkehrsgipfel

Zu einem Eklat ist es am Bozner Verkehrsgipfel gekommen. Tirols Landeshauptmann Günther Platter verweigerte die Unterzeichnung eines Memorandums. Deutschland klagt bei der EU gegen die Blockabfertigung. Platter kündigt verschärfte Maßnahmen gegen den Transit an.

Als „Verrat an der eigenen Bevölkerung“ soll Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) die Unterzeichnung des Memorandums des Bozner Transitgipfels empfunden haben. Er verließ demonstrativ die internationale Gesprächsrunde.

Transitgipfel in Bozen

Presseamt Südtirol / Peter Daldo

Transitgipfel in Bozen

Für den Tiroler Landeshauptmann ist die Blockabfertigung der Lastkraftwagen alternativlos. Dafür bekam er beim Verkehrsgipfel in Bozen aber keine Zustimmung. Dort haben sich am Dienstag politische Vertreter von Österreich, Bayern, Tirol, Südtirol, des Trentino und des Veneto getroffen, um sich auf eine gemeinsame Strategie zur Eindämmung des Verkehrs auf der Brennerroute zu verständigen.

Platter kündigt weitere Maßnahmen an

Gegenüber „Tirol heute“ kündigte Platter am Dienstagabend an, dass es wegen der Steigerung des Transitverkehrs in Zukunft mehr Blockabfertigungen geben werde. Außerdem werde das Nachtfahrverbot ausgeweitet und verschärft. Beim sektoralen Fahrverbot soll es ein Ende für Ausnahmen geben und der Transitverkehr müsse noch schärfer kontrolliert werden.

Unterzeichnung wäre für Platter Verrat

Im ORF-Interview erklärte Platter, eine Unterzeichnung des Memorandums wäre einem „Verrat an der eigenen Bevölkerung“ gleichgekommen. Demonstrativ verließ Tirols Landeshauptmann den Gipfel vor der Unterzeichnung und der gemeinsamen Pressekonferenz. Die übrigen Teilnehmer unterzeichneten ein Memorandum, das eine Absichtserklärung zur Verringerung des Verkehrs auf der Brennerlinie darstellt.

Günther Platter und Norbert Hofer

Peter Daldos

LH Platter (links, mit Österreichs Verkehrsminister Norbert Hofer) hat sich vorzeitig vom Verkehrsgipfel verabschiedet

So forderte Platter gemeinsam mit den Landeshauptleuten von Südtirol und dem Trentino und Unterstützung von Minister Hofer ein Zusatzprotokoll, das Punkte wie die Umsetzung der Korridormaut von München bis nach Verona, einen klar definierten Verlagerungsplan zur Stärkung der Schiene, eine Lkw-Obergrenze, die Anerkennung der Blockabfertigung sowie die prioritäre Umsetzung einer neuen Infrastruktur beinhalten soll. „Auf dieses Zusatzprotokoll wollte sich Deutschland nicht einlassen, es soll aber im Oktober von allen Partnern diskutiert werden. Damit fehlen konkrete Entlastungen für die Tirolerinnen und Tiroler“, so Platter.

Deutsche Klage gegen Blockabfertigung

Deutschlands Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) attackierte Platter im Gegenzug. „Mir ist bereits länger bekannt, dass Tirols Landeshauptmann den Brenner-Gipfel als Plattform ausnützt und den vereinbarten Aktionsplan nicht unterzeichnet. Das ist wirklich schlechter Stil“, twitterte Scheuer, der nicht an dem Gipfel teilnahm. „Ich bedaure, dass Tirol nicht dabei ist, aber wir können die Blockabfertigung nicht gut heißen“, erklärte die bayrische Staatsministerin für Verkehr, Ilse Aigner (CSU). Deutschland habe mittlerweile auch eine Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die Blockabfertigung eingebracht, sagte sie.

Verkehrsminister sagten Teilnahme ab

Der Gipfel in Bozen stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Der deutsche und italienische Verkehrsminister hatten die Teilnahme abgesagt. Zwischen Bayern und Tirol schwelt seit Längerem ein Konflikt wegen des Umgangs mit dem Schwerverkehr, Bayern kritisiert die Tiroler Blockabfertigungen nach Feiertagen und hatte vor dem Gipfel auch ein Ende des Lkw-Nachtfahrverbots gefordert, was von Tirol abgelehnt wurde.

Teilnehmer Brennergipfel

Peter Daldos

Die Gespräche dauerten länger als geplant, und doch kam es zu keiner Einigung mit dem Bundesland Tirol

Dass die Landeshauptleute von Südtirol und des Trentino den Verkehrsgipfel nicht verlassen haben, nahm ihnen Platter indes nicht übel. Die Verstimmung betreffe Bayern und das Bundesland Tirol.

Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher zeigte sich auch erfreut über die Unterschrift des Zusatzprotokolls durch Österreichs Verkehrsminister Norbert Hofer, der Tirol mit seinen Blockabfertigungen wieder den Rücken stärkte: „Österreich ist der Meinung, die Blockabfertigung entspricht europäischem Recht, Deutschland ist anderer Meinung. Wir sind gute Nachbarn, erwachsene Menschen und wissen, dass Entscheidungen von Gerichten zur Kenntnis zu nehmen sind.“

Pat Cox: Nicht ideal - aber erfolgreich

Der EU-Koordinator für den Brennerbasistunnel (BBT), Pat Cox, nannte das Ergebnis des Gipfels bei der Pressekonferenz zwar „nicht ideal, aber trotzdem erfolgreich“. Denn mit der Unterschrift Hofers hätten zumindest alle betroffenen Staaten das Memorandum unterzeichnet. Er respektiere, aber bedauere das Nicht-Unterzeichnen Tirols, fügte Cox hinzu.

Cox verwies darauf, dass die Arbeit bereits am Mittwoch in Innsbruck bei der Brennerkorridor-Plattform weitergehe. Es war kein Gipfelsieg in Bozen, aber das Scheitern einer gemeinsamen Erklärung könnte als Auftrag für die Zukunft interpretiert werden. Der könne laut allen Beteiligten nur heißen: weniger Verkehr über den Brenner.

Italiens Frächter drohen

Falls Tirol auf seine „provokative Haltung“ in Sachen Brenner-Transit nicht verzichte, solle die italienische Regierung „benachteiligende Maßnahmen“ für österreichische Frächter ergreifen. Dies forderte der italienische Frächterverband Conftrasporto in einer Stellungnahme nach dem Brenner-Gipfel in Bozen am Dienstag.

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