Aldo Moro: Linker Terror und die Südtirolfrage

Vor 40 Jahren ist der christdemokratische Spitzenpolitiker Aldo Moro in Rom entführt und von den linksextremen „Brigate Rosse“ ermordet worden. Der frühere Ministerpräsident Italiens gilt als einer der Wegbereiter der Südtirol-Autonmie.

Am 16. März 1978 entführen Anhänger der Roten Brigaden Aldo Moro, den Vorsitzenden der italienischen Christdemokraten. Fünf Leibwächter werden getötet. Der frühere Außenminister und Ministerpräsident ist verhasst, weil er in der Zeit des kalten Krieges einen historischen Kompromiss mit den Kommunisten sucht. Ministerpräsident Giulio Andreotti verweigert die Verhandlungen. 55 Tage später wird Moro ermordet.

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Wochenschau vom 30. Januar 1983 (Auszug)

Mehr als vier Jahre nach der Entführung und Ermordung von Aldo Moro sind in Rom die Urteile gegen die Angehörigen Terrororganisation Rote Brigaden gefällt worden.

Das Echo des Anschlages über die Jahrzehnte

40 Jahre nach dem Attentat erinnert Italien an den Fall Moro. Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni spricht von dem „schlimmsten Anschlag auf die Republik“. Und Staatspräsident Sergio Mattarella enthüllt ein Monument zu Ehren der getöteten Leibwächter.

Das Ausmaß des Terrors in den so genannten „bleiernen Jahren“ zwischen den 70er und 80er-Jahren: Allein die Roten Brigaden werden für fast 15.000 Anschläge verantwortlich gemacht. Mehr als 400 Menschen wurden in dem Zeitraum bei Attentaten getötet.

Südtiroler erinnern sich

Zum Zeitpunkt der Entführung war Roland Riz Parlamentarier der Südtiroler Volkspartei in Rom. „Ich habe Moro geschätzt, als hochintelligenten Mann, als Jurist und als Freund Südtirols“, so Riz. „Die Regierung hätte meiner Meinung nach damals mehr tun können. Moro war ein Gefangener, stattdessen hätte er ein Gesuchter sein sollen.“

Altparlamentarier Roland Riz

ORF

Roland Riz: „Moro war ein Freund der Südtiroler“

Jahrelang hatte die Arbeit Aldo Moros Auswirkungen auf Südtirol. Unter seiner Führung koalierten die Christdemokraten (DC) in den 1960er Jahren mit den Sozialdemokraten. Diese waren gegenüber der Südtirolfrage deutlich aufgeschlossener als die Konservativen. Zudem erleichterte der neue Wind in Rom die Zusammenarbeit der SVP mit der DC in Bozen.

Kurt Waldheims Appell an die Entführer

Schließlich war es Aldo Moro, der nach jahrelangen Verhandlungen zwischen Österreich und Italien im November 1969 als Außenminister mit seinem Kollegen Kurt Waldheim den Operationskalender zur Beilegung des Südtirol-Konflikts vereinbart hat.

Die Verbindung zwischen Moro und Waldheim dürfte über Jahre gehalten haben. So war es 1978 schließlich auch Waldheim, mittlerweile UN-Generalsekretär, der sich in einem TV-Interview in italienischer Sprache direkt an die Entführer wandte und zu Verhandlungen aufrief.

Weiterhin viele Fragen offen

Auch 40 Jahre nach der Entführung und der Ermordung des italienischen Politikers bleiben Fragen ungeklärt. Gerüchte, denen zufolge der Aufenthaltsort Moros bekannt gewesen sein soll, verstummten über die Jahre nicht. Auch sollen die Mafia oder ausländische Geheimdienste an der Tat beteiligt gewesen sein.

Ansprache Kurt Waldheim

ORF/RAI

Selbst wenn vieles davon ins Reich der Verschwörungstheorien gehört: Erst vor drei Jahren hatte Papst Franziskus angekündigt, bei der Aufklärung helfen zu wollen. Immerhin hatte ein ein Priester als Mittelsmann zwischen den Entführern und dem Papst fungiert, der sich damals für die Freilassung eingesetzt hatte.

Aldo Moro nach der Entführung

ORF

Nach der Ermordung Moros verloren die linkextremen Roten Brigaden den Rückhalt in der Arbeiterschaft. Ihre Zellen wurden in den Jahren bis 1982/83 von den Justizbehörden zerschlagen.

David Runer, tirol.ORF.at