Mindestsicherung setzt Gemeinden zu

Die Mindestsicherung ist in Tirol im Bundesländervergleich hoch. Rund 51 Millionenen Euro hat sie im Jahr 2015 ausgemacht - Tendenz steigend. Deshalb fordern vor allem die Gemeinden jetzt, dass die Notbremse gezogen wird.

In Tirol werden bei der Mindestsicherung neben den Lebenserhaltungskosten - für eine alleinstehende Person sind das 628,32 Euro. auch die tatsächlichen Wohnkosten bezahlt. Gedeckt wird das zu 65 Prozent vom Land, und zu 35 % von den Gemeinden. Für die Gemeinden bedeutete das 2015 knapp 18 Millionen Euro für die Mindestsicherung. Das sei nicht mehr tragbar, so Gemeindeverbandschef Ernst Schöpf. Er fordert eine Deckelung der Mindestsicherung und härtere Sanktionen.

Gemeindeverband drängt auf rasches Eingreifen

„Es laufen uns die Kosten aus dem Ruder“, erklärt Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf. 2011 wurden der Bezieherkreis erweitert und die Richtsätze erhöht. Schon damals hätte man vor explodierenden Kosten gewarnt. Jetzt muss man sich überlegen, wie man eingreifen kann, damit die Gemeindekassen nicht gänzlich leer werden, so Schöpf.

Innsbruck ortet Wanderbewegung nach Tirol

Ende 2015 gab es in Tirol gut 15.900 Mindestsicherungsbezieher. Rund die Hälfte davon lebt in Innsbruck. Asylwerber bekommen die Mindestsicherung erst, wenn sie den Status als Asylberechtige bekommen haben und keinen Job finden. Die hohen Unterschiede zwischen den Bundesländern würden aber viele dazu bewegen, nach Tirol zu kommen, so Stadtrat Ernst Pechlaner.

Diese Wanderbewegung nach Tirol sei bereits spürbar, seit Oberösterreich Kürzungen bei der Mindestsicherung für Asylberechtigte eingeführt hat, so Pechlaner. Mit konkreten Zahlen könne er das nicht belegen, aber es gibt immer wieder Anfragen im Sozialamt über die gebotenen Leistungen und zum Teil würden die Leute aktiv nach Innsbruck geschickt.

Anstieg der Bezieher könnte sich verdoppeln

In Innsbruck steigt die Zahl der Mindestsicherungsbezieher jedes Jahr um etwa fünf Prozent. Für das kommende Jahr rechnet man damit, dass sich der Anstieg verdoppelt, also etwa zehn Prozent dazukommen. Damit wäre man allein in Innsbruck bei etwa 9.000 Mindestsicherungsbeziehern. Darauf bereite man sich bereits vor, erklärt Pechlaner. Es brauche mehr Personal und auch mehr finanzielle Mittel. Mit einer zusätzlichen Million Euro rechnet der Stadtrat.

Eine Deckelung will Pechlaner aber nicht, er will eine bundeseinheitliche Regelung, um die Wanderbewegung einzudämmen. Die Diskussion um die künftige Ausgestaltung der Mindestsicherung hat in Tirol mittlerweile zahlreiche politische Reaktionen ausgelöst.

ÖGB und Grüne sind empört

Die Forderung die Mindestsicherung zu kürzen, findet der österreichische Gewerkschaftsbund empörend. Man solle sich eher mit einem Beitrag der Vermögenden beschäftigen, als Menschen unterhalb der Armutsgrenze etwas wegzunehmen, sagt Otto Leist, Landesvorsitzender des ÖGB. Wenig Verständnis für die Forderung gibt es auch von den Grünen. Eine Kürzung der Mindestsicherung ist für Gebi Mair, Klubobmann der Grünen, reine Polemik. Wer so etwas fordere, wisse nicht was Menschen in einer vorübergehenden Notsituation bräuchten, so Mair.

Platter begrüßt Diskussion

Bei der ÖVP hingegen sieht man die Diskussion positiv. „Jemand, der arbeitet, muss am Ende des Tages mehr haben als jemand, der das nicht tut“, bekräftigte Landeshauptmann Günther Platter. Die Mindestsicherung sei als „Überbrückungshilfe in Notsituationen“ konzipiert und „keine Alternative zur Erwerbsarbeit“.

Zunächst müsse aber die Wirkung des von der Landesregierung im vergangenen April beschlossenen „Pakets mit umfangreichen Sanktionsmaßnahmen“ überprüft werden. Das soll bei der Regierungsklausur nächste Woche passieren. Bei den Verhandlungen zu einer neuen 15a-Vereinbarung hofft Platter indes auf eine Einigung, „um Sozialtourismus zwischen den einzelnen Ländern zu verhindern“.

FPÖ will auch in Tirol oberösterreichisches Modell

Der Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger ortete einen „Koalitionsstreit“ und nahm ihn als Beweis dafür, dass „der schwarz-grünen Landesregierung endgültig die Luft ausgeht“. Soziallandesrätin Christine Baur (Grüne) habe „sichtlich jegliche Reputation“ beim Koalitionspartner verloren. Bei der „Explosion der Sozialausgaben“ müsse endlich auf die Bremse gestiegen werden, so Abwerzger, indem „vor allem zwischen Staatsbürgern, Menschen, die bereits in das System eingezahlt haben und dem Rest“ klar differenziert werde. „Oberösterreich hat vorgemacht, wie es gehen kann“, meinte der FPÖ-Landesparteiobmann. Daher gehöre das oberösterreichische Modell österreichweit umgesetzt.

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