Bürgermeister immer öfter im Visier der Justiz

Um Amtsmissbrauch ist es am Mittwoch bei einem Prozess am Landesgericht gegangen. Anlass war ein Nachbarschaftsstreit rund um ein Carport in Radfeld, Bürgermeister und Bausachverständiger wurden verurteilt. Doch die beiden sind keine Einzelfälle.

Der jüngste Fall, in dem ein ehemaliger Bürgermeister vor dem Richter landet, liegt schon einige Jahre zurück. Ein Hausbesitzer wollte aus seinem Carport an der Grundstücksgrenze eine Garage machen und die drei offenen Seiten schließen. Der damalige Bürgermeister erteilte die Genehmigung und gab sich mit einer Bauanzeige zufrieden. Laut Tiroler Bauordnung wäre dafür aber eine Bauverhandlung und die Zustimmung der Nachbarn nötig gewesen, die Staatsanwaltschaft erhob Anklage.

Richter sah „Mauschelei“ gegeben

Auch für den Richter bestand kein Zweifel, er sprach in seiner Urteilsbegründung von einer „Mauschelei“ und dass die beiden Angeklagten genug Erfahrung gehabt hätten. Der Bürgermeister war 18 Jahre lang im Amt, der Bausachverständige 28 Jahre lang als Berater verschiedenster Gemeinden tätig. Dies hat sich erschwerend auf das Urteil ausgewirkt, mildernd hingegen, dass die beiden in all den Jahren unbescholten geblieben sind.

Beide wurden - nicht rechtskräftig - zu einer unbedingten Geldstrafe in der Höhe von 7.200 Euro beziehungsweise 9.600 Euro und einer bedingten Haftstrafe in der Höhe von drei Monaten verurteilt. Staatsanwaltschaft und Verteidiger haben berufen.

Höhere Sensibilität bei der Staatsanwaltschaft

Zuletzt haben sich die Fälle gehäuft, in denen Bürgermeister ins Visier der Justiz geraten sind. Vor zehn Tagen wurde der Bürgermeister von Jerzens wegen Amtsmissbrauchs verurteilt. Er soll beim Verfassen der Tagesordnung für eine Gemeinderatssitzung Gesetzesvorschriften verletzt haben. Dieses Urteil ist nicht rechtskräftig - mehr dazu in Jerzener Bürgermeister verurteilt.

Ebenso wie die Urteile gegen den Bürgermeister und elf Gemeinderäte von Weer. Sie sollen den Abriss des zum Teil denkmalgeschützten Widums veranlasst haben. In diesem Fall hat die Staatanwaltschaft berufen, die elf Gemeinderäte legten Nichtigkeitsbeschwerde ein, der mittlerweile zurückgetretene Bürgermeister aber nicht - mehr dazu in Saftige Strafen für Weerer Politiker.

Ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft läuft derzeit auch gegen den Bürgermeister von Ainet. Hier geht es um einen Bescheid der Agrarbehörde, den der Bürgermeister weder dem Gemeinderat vorgelegt noch beeinsprucht haben soll - Agrarstreit rund um Aineter Bürgermeister.

Auch die Volksbefragung zur Wehrpflicht hat für 16 Tiroler Bürgermeister ein Nachspiel. Die Dorfchefs sollen in amtlichen Mitteilungen Empfehlungen gegeben haben, für die Wehrpflicht zu stimmen. Auch in diesem Fall ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Amtsmissbrauchs, die Einvernahmen der Bürgermeister sind noch nicht abgeschlossen.