ÖVP und Grüne besiegeln Koalition
Die Landesversammlung der Grünen in Götzens dauerte sechs Stunden. Landessprecherin Ingrid Felipe meinte in ihrem Eröffnungsstatement vor der Parteibasis, dass sie von der „offenen gesellschaftspolitischen Haltung“ der ÖVP in vielen Fragen überrascht gewesen sei. „Diese gesellschaftliche Öffnung hat mich sehr überrascht. Ich habe das nicht erwartet“, meinte sie.
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Live-Ticker:
Neue Regierung stellt Programm vor
Breite Zustimmung
Vor der Abstimmung gab es noch eine kontroversielle Diskussion. Es war Lob für das grüne Verhandlungsteam zu hören, aber auch kritische Stimmen. Schließlich fiel die Abstimmung aber mit großer Zustimmung aus - 89 Prozent der Delegierten stimmen für das Koalitionsabkommen. In der geheimen Wahl stimmten 135 der Delegierten mit Ja, 17 mit Nein.
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Landesrätinnen Felipe und Baur
Auch über das Personalpaket auf grüner Seite mussten die Mitglieder der Landesversammlung befinden. Felipe wird das Amt der Landeshauptmann-Stellvertreterin und Landesrätin für Verkehr sowie Umwelt und Naturschutz bekleiden. Die zweite grüne Landesrätin wird die bisherige Klubobfrau im Landtag, Christine Baur. Sie wird das Sozialressort übernehmen. Neuer Klubobmann der Tiroler Grünen wird der bisherige Landtagsabgeordnete Gebi Mair. Zweiter Landtagspräsident wird der bisherige Schwazer Stadtrat Hermann Weratschnig.
Einstimmiger ÖVP-Beschluss
Der Landesparteivorstand der ÖVP segnete Montagabend den mit den Grünen ausgehandelten Koalitionspakt ab. „Er wurde einstimmig angenommen“, sagte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) nach der etwas über zwei Stunden dauernden Sitzung vor Journalisten. Platter betonte, dass das Koalitionsübereinkommen vom ÖVP-Gremium „wohlwollend“ aufgenommen wurde. Zudem gab sich der Landeshauptmann überzeugt davon, dass die Koalition fünf Jahre halten werde. Ob und welche Mechanismen für etwaige Unstimmigkeiten eingebaut wurden, wollte Platter nicht beantworten: „Das Prozedere werden wir gemeinsam bekanntgeben.“
APA/Thomas Böhm/TT
Grüne: Verhandlungen auf der Kippe
Zweimal seien die Koalitionsverhandlungen von ÖVP und Grünen „auf der Kippe gestanden“, sagte Pressesprecher Sebastian Müller (Grüne) am Montag der APA. Beim Thema Natur- und Umweltschutz seien die Gespräche auch einmal abgebrochen worden. „Doch nach einer Verhandlungspause hat die ÖVP dann Zugeständnisse gemacht“, meinte Müller
Das Abkommen sei kein „grünes Wunschkonzert“ aber es trage eindeutig eine „grüne Handschrift“ und enthalte einige „Highlights“, wo sich die Grünen ganz klar durchgesetzt hätten. „Im Laufe der Gespräche wurde deutlich, dass die VP großes Interesse an einer Koalition mit uns hat, das hat unsere Position gestärkt“, sagte Müller.
Geisler wird neuer Landesrat der ÖVP
Platter übernimmt dem Vernehmen nach das Finanzressort und den Tourismus. Schwarzer Neuzugang in der Regierung wird der frisch gewählte Bauernbundobmann Josef Geisler sein, der Agrar-, Energie- und Sportagenden übernimmt. Johannes Tratter (ÖVP) wird neben der Wohnbauförderung auch für Gemeinden, Raumordnung und Arbeit zuständig sein. Beate Palfrader (ÖVP) bleibt ihrem Ressort Bildung und Kultur erhalten und Bernhard Tilg (ÖVP) dem Gesundheitsressort. Nur die Zukunft von Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf (ÖVP) war vorerst noch offen.
Die Grünen akzeptierten den zuletzt von ihnen heftig kritisierten Herwig van Staa ein weiteres Mal als Landtagspräsidenten, seine Stellvertreter sollen der Schwazer Stadtrat Hermann Weratschnig (Grüne) und der Landtagsabgeordnete Anton Mattle (ÖVP) werden.
Karlhofer: Große Verschiedenheit
Der Politologe Ferdinand Karlhofer von der Universität Innsbruck sagte, Schwarz-Grün sei in vielen Bereichen wie Umweltschutz und Kraftwerksbau weit auseinandergelegen. Zwei Parteien, die nicht viel gemeinsam hätten, müssten sehr vorsichtig miteinander umgehen. Das Ergebnis könne eine sehr kluge Politik sein, so Karlhofer.
Überzeugungsarbeit für die getroffene Regierungsvereinbarung bei den jeweiligen Parteifreunden müsse nicht nur die grüne Landessprecherin Felipe machen. Auch Platter sei gefordert, sagt Karlhofer. Für viele ÖVP-Anhänger sei die Situation ungewohnt, dass eine Partei in der Regierung sei, die geradezu ein Feindbild gewesen sei.
ORF
Es seien nicht allein inhaltliche Übereinstimmungen, die Schwarz-Grün am Ende zusammenkommen haben lassen, sagt Karlhofer. Das Kalkül der ÖVP sei auch, ein deutliches Signal für Erneuerung zu setzen. Die Erwartungen an die neue Regierung seien auch aus den eigenen Parteireihen hoch. Eine solche Regierung werde schon innerhalb des ersten halben Jahres Belastungsproben zu bestehen haben. Die Frage sei, so Karlhofer, mit welchem Geschick und Weitblick solche Hürden aus dem Weg geräumt werden.