Strategien gegen das Gaffen

Es kommt immer öfter vor, dass neugierige Passanten Rettungseinsätze behindern. Der Psychologe Dietmar Kratzer erklärt, dass Interessen aufeinanderprallen, wenn etwa Helfer auf zuviele „Gaffer“ stoßen. Um diese Situation zu entschärfen könne man etwa versuchen, Zuschauer in die Hilfe einzubeziehen.

Notärzte berichten immer öfter von Problemen mit neugierigen Passanten. Zuletzt brauchte es bei einem Rolltreppenunfall in einem Einkaufszentrum Absperrungen, damit die Retter vernünftig arbeiten können - mehr dazu in Kind auf Rolltreppe schwer verletzt. Auch nach einem schweren Unfall am Südring störten randalierende Passanten den Rettungseinsatz - mehr dazu in Innsbruck: Schwerer Unfall am Südring.

In der Menge fühlt sich keiner verantwortlich

Dass Menschen neugierig und daran interessiert sind, was passiert ist, sei an sich nichts Negatives, erklärt Dietmar Kratzer, Psychologe an der Universität Innsbruck und freiwilliger Helfer beim Roten Kreuz. Er berichtet in diesem Zusammenhang dann von mehreren Phänomenen. „Der einzelne orientiert sich an den anderen, er hat das Gefühl, dass eh alles in Ordnung ist, weil ja alle schauen. Das zweite Phänomen ist: Weil soviele Leute da sind, denken viele, es wird schon ein anderer etwas tun - warum gerade ich? Keiner fühlt sich verantwortlich. Die Menschenmenge merkt dabei nicht, dass sie im Weg steht“, erklärt Kratzer.

Wenn Helfer helfen wollen und daran gehindert werden, prallen Interessen aufeinander. „Die Helfer kommen in Einsatzstress - der ist normal. Die können damit umgehen. Eine große Öffentlichkeit kann den Stress aber verstärken“, erklärt Kratzer weiter.

Podiumsdiskussion

Eine Diskussion mit dem Titel „Strategien gegen das Gaffen“ beginnt am Montag um 19 Uhr im Plenarsaal im Innsbrucker Rathaus im 6. Stock.

Zuschauer miteinbeziehen

Auch für die Opfer sei es unangenehm, wenn sie begafft werden. Die Intimitätsschranke werde überschritten, wenn mitangesehen werde, wie jemand blutet oder vor Schmerzen schreit. „Das ist für das Opfer eine unangenehme und peinliche Situation“, sagt Kratzer.

Kratzer rät, dass als erstes bei Einsätzen die Sicherheit aller Beteiligten gewährleistet sein müsse. Dann solle auch auf den Schutz des Opfers geachtet werden - durch einen Sichtschutz etwa. Und drittens könne man die Zuschauer miteinbeziehen. „Wenn man jemanden direkt anspricht, wird er vom Zuschauer zum Helfer, dann steht der im Regelfall auch nicht im Weg.“