Ein Jahr bedingt für Top-Polizisten

Der wegen sexueller Nötigung und Amtsmissbrauchs angeklagte ranghohe Beamte der Sicherheitsdirektion (SID) ist am Dienstag am Landesgericht Feldkirch zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr und einer Geldstrafe von 10.800 Euro wegen Amtsmissbrauchs verurteilt worden. Vom Vorwurf der sexuellen Nötigung wurde er im Zweifel freigesprochen.

Der Schöffensenat unter dem Vorsitz von Richter Peter Mück sprach den Spitzenpolizisten hinsichtlich der geschlechtlichen Nötigung im Zweifel frei, den Amtsmissbrauch sah er aber als erwiesen an. Staatsanwaltschaft und Verteidigung gaben keine Erklärung ab, das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.

Frau „sicher nicht gelogen“

„Das Gericht ist keinesfalls überzeugt, dass der Vorfall nicht so stattgefunden hat, wie es die Frau schildert“, erklärte Mück in der Urteilsbegründung. Die Frau habe „sicher nicht gelogen“. Da aber auch Zweifel bestünden, handle es sich um einen „klassischen Zweifelsfreispruch“.

In Bezug auf den Amtsmissbrauch machte Mück klar, dass der Angeklagte die Republik in ihrem Recht eingeschränkt habe, private Sicherheitsunternehmen zu prüfen und so die Sicherheit im Staat zu gewährleisten. Er hatte zugegeben, in vier Fällen Protokolle von Testberichten von Sicherheitskontrollen am Innsbrucker Flughafen ohne Wissen der Autoren abgeändert und ans Innenministerium nach Wien geschickt zu haben.

Das Strafmaß von einem Jahr begründete Mück mit der Feststellung, „dass die Strafe nicht dermaßen sein soll, dass sie jedes Maß überschreitet“ - eine längere (rechtskräftige) Strafe hätte den automatischen Amtsverlust des Beamten zur Folge gehabt.

Die Plädoyers der Anwälte

In ihren Plädoyers hatten Andrea Haniger-Limburg als Anwältin des angeblichen Nötigungsopfers sowie Verteidiger Albert Heiss noch einmal auf die ihnen wesentlichen Punkte hingewiesen. Dabei stand - wie zu Beginn des Verfahrens - die Aussage der Frau im Mittelpunkt, wonach die zwei Türen im Büro des Angeklagten bei dem behaupteten Übergriff abgesperrt gewesen seien. Laut kriminaltechnischem Gutachten wurde nämlich eine der beiden Türen schon sei Jahren nicht mehr abgeschlossen.

Verteidiger sprach von „Frauenheld“

Haniger-Limburg wies diesbezüglich auf die Panik der Frau hin, die Tür habe wohl - wie es eine Sekretärin ausgesagt habe - geklemmt. Heiss hingegen nannte dies eine „reine Schutzbehauptung“. Außerdem habe die Frau zunächst nur von einer Umarmung gesprochen und ihre Aussagen erst später verschärft. Zwar könne man seinen Mandanten als Frauenhelden bezeichnen oder auch als einen, der aktiv an Frauen herangetreten sei, er habe auch gesagt, was er wolle. „Aber zwischen einer freiwilligen und einer erzwungenen Handlung liegt ein großer Unterschied“, so Heiss. Alle anderen Anschuldigungen, die zunächst gegen den Spitzenpolizisten vorlagen, hätten sich als haltlos erwiesen.

Anklägerin: „Keine Rachegedanken“

Heiss erklärte zudem erneut, dass die Frau unbedingt in den Polizeidienst wollte und sich dazu Hilfe von seinem Mandanten erwartet habe. „Die erwartete Intervention ist aber ausgeblieben“, so der Verteidiger. Haniger-Limburg betonte ihrerseits, dass es bei der Frau keine Rachegedanken gebe. „Sie hat den Übergriff für sich behalten und ist erst zwei Jahre später aktiv geworden, als sie von einem weiteren Vorfall hörte“, so die Rechtsanwältin.

Bezüglich des Anklagepunkts des Amtsmissbrauchs führte Heiss aus, dass der Angeklagte mit der Abänderung von vier Testberichten niemandem einen Gefallen getan habe. „Das Ministerium hätte keine anderen Maßnahmen gesetzt als mein Mandant“, sagte der Verteidiger und forderte einen Freispruch in beiden Anklagepunkten.

Dem Beamten der Tiroler Sicherheitsdirektion (SID) wurde unter anderem vorgeworfen, im Jahr 2007 eine Interessentin für den Polizeidienst in seinem Büro sexuell bedrängt zu haben.

Angeklagter spricht von Racheaktion

Der Mann bestritt den gegen ihn erhobenen Nötigungs-Vorwurf vehement. Die Frau habe irrtümlich bis zuletzt gedacht, dass er ihr bei der Aufnahme zur Polizei behilflich sein kann, was aber nicht der Fall sei, hatte der Angeklagte beim Prozessauftakt im Mai vergangenen Jahres betont. Es sei auf Initiative der Frau zu drei Küssen, aber zu keinerlei sexuellen Berührungen gekommen. Die Anzeige des mutmaßlichen Opfers sah er als Racheaktion, was aber die Frau - die nicht vor Gericht erschien - in einem Zeitungsinterview verneinte. Dass der engagierte Katholik und mehrfache Familienvater allerdings mit anderen Frauen Sex auf der Ledercouch seines Büros hatte, ist durch Spermaspuren belegt.

Protokolländerungen bereits zugegeben

Zum Anklagepunkt des Amtsmissbrauchs hatte der Spitzenpolizist bereits am ersten Prozesstag zugegeben, in vier Fällen Protokolle von Testberichten von Sicherheitskontrollen am Innsbrucker Flughafen ohne Wissen der Autoren abgeändert und ans Innenministerium nach Wien geschickt zu haben. Zum einen sprach er von einem Irrtum und von „sozialen Erwägungen“, zum anderen falle die Abänderung der Berichte aber auch in seine ureigenste Kompetenz, hatte sich der Tiroler Ende Mai gerechtfertigt.

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