Tiroler forscht an Reagenzglas-Lunge

Der aus Tirol stammende Harvard-Professor Harald Ott beschäftigt sich seit Jahren in seinem Labor in Boston (USA) mit der Entwicklung biologischer Ersatzorgane. Den Stand dieser Forschungen präsentierte er bei einer Tagung in Linz.

Harald Ott

The Ott Laboratory

Harald C. Ott, M.D.

Der gebürtige Tiroler betreibt in Boston mit dem „Ott Laboratory for Organ Engineering and Regeneration“ eine eigene Forschungseinrichtung: „Wir haben ein Verfahren entwickelt, das es möglich macht, mit einer speziellen Lösung ein Organ einer toten Ratte, eines toten Schweins aber auch eines verstorbenen Menschen komplett von seinen Zellen zu befreien. Was übrig bleibt, ist ein Bindegewebe-Gerüst, das wir zum Beispiel mit Lungenzellen des künftigen Organempfängers besiedeln. Das Ziel ist, dass ein so – quasi im Reagenzglas – geschaffenes Organ voll funktionsfähig ist und anstelle eines Spenderorgans transplantiert werden kann. Der enorme Vorteil: Da es sich um körpereigene Zellen des Empfängers handelt, gibt es keine Abstoßungsreaktion“, so der Thorax-Chirurg in einer Aussendung.

Viele sterben während der Wartezeit

Weltweit werden pro Jahr 5.000 Lungen transplantiert. Jährlich sterben aber auch über drei Millionen Menschen an den Folgen einer chronischen Lungenerkrankung. Die Wartezeit auf eine Spenderlunge daure oft viele Jahre, viele Patienten sterben währenddessen.

Im Rahmen des sogenannten „Tissue Engineering“ beschäftigen sich die Wissenschafter mit der Möglichkeit, von den Zellen eines Patienten ein ganzes, funktionsfähiges Ersatzorgan „im Reagenzglas“ herzustellen. Im Labor von Harald Ott werden Zellen aus dem Blut eines Erwachsenen entnommen und durch spezielle Verfahren zu Stammzellen „zurückentwickelt“. Dann werden die so gewonnen Stammzellen durch gezielte Stimulation dazu gebracht, sich zum Beispiel zu Lungenzellen zu entwickeln.

Von klinischer Anwendung noch weit entfernt

Harvard-Forscher Ott sagte: „Wir versuchen dann, mit den so gewonnen Stammzellen auf dem Gerüst von Schweinelungen neues menschliches Lungengewebe herzustellen. Vor fast zehn Jahren ist dies bei Ratten gelungen, vor einem Jahr haben wir die erste humane bioartifizielle, also biologisch-künstliche Lunge im Großtiermodell transplantiert. Aber von einer klinischen Anwendung sind wir noch weit entfernt. Das neue Gewebe ist unreif und kann sich noch nicht an den Empfänger anpassen. Nach wenigen Stunden versagen diese biologischen Organe und müssen wieder entnommen werden.“

Man arbeite daran, die regenerierten Organe im Labor besser für die Implantation vorzubereiten. Als Alternative werden auch Strategien entwickelt, die es ermöglichen sollen, das Organ im Körper selbst reifen zu lassen. Währenddessen könnte seine Funktion maschinell ersetzt werden. Die Frage sei weniger, ob es in Zukunft solche neu geschaffenen Organe geben wird, sondern eher, wie lange die Entwicklung noch dauere, so Ott.

Link: