Helferinnen beim ersten Schritt ins Leben
Erste Ultraschallbilder, erste Herzschläge: Ein Baby ist unterwegs – und plötzlich ist alles anders. Fragen tauchen auf: Fühlt sich alles an, wie es sollte? Was darf man essen? Wo und auf welche Weise bringt man sein Kind am besten zur Welt? Laura Jenewein kennt sich damit aus – in zweifacher Hinsicht. Die Tirolerin wird nun zum zweiten Mal Mutter und ist selbst ausgebildete Hebamme.
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„Das macht es schwieriger, weil man sich bei jeder Kleinigkeit überlegt, was das nun sein könnte,“ erklärt Jenewein, andererseits wisse sie, was auf sie zukommt. Jenewein ist aber überzeugt: Egal wie viele Frauen man als Hebamme schon betreut haben mag, eine Geburt müsse man schon selbst erlebt haben, „um zu begreifen, was Mutter werden bedeutet.“ Das helfe ihr jetzt auch als Hebamme.
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Begleitet durch die Schwangerschaft
Prinzipiell unterscheidet man zwischen freischaffenden Hebammen und Hebammen, die fix in einer Klinik angestellt sind. Letztere übernehmen vor allem Geburten. Freischaffende Hebammen haben die Möglichkeit, die werdenden Eltern auch schon in der Zeit der Schwangerschaft zu begleiten und mit verschiedensten Maßnahmen auf den großen Tag vorzubereiten.
„Seit drei Jahren gibt es in Österreich die Möglichkeit zum kostenlosen Mutter-Kind-Pass-Beratungsgespräch,“ erklärt Hebamme Kathrin Schwarzenberger. Die Hebamme kann die werdende Mutter dann durch alle 40 Schwangerschaftswochen begleiten. Dabei werden Fragen zur Ernährung und Bewegung geklärt, aber auch zur Lage und Gesundheit des Kindes im Bauch, etwa durch Ertasten oder Durchführung einer Ultraschalluntersuchung. „Wir unterstützen die Frau aber auch in geburtsvorbereitenden Maßnahmen, z.B. mit Akupunktur,“ ergänzt Schwarzenberger.
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Hebammen-Kodex im Jahr 1808
- „Hebammen sollen sich eines ehrbaren, rechtschaffenen, nüchternen Lebenswandels befleißigen, verschwiegen sein und bei Tag und Nacht Gebärenden [...] Hilfe leisten.“
- „Die Wohnungen der Hebammen sollen mit einem Schilde bezeichnet sein.“
- „Ist das Leben eines Kindes in Gefahr, so soll sie es nie unterlassen, dasselbe notzutaufen.“
- „Es ist Hebammen [...] verboten, Frauen oder Kindern Arzneien außer den gewöhnlichen Säftchen für neugeborene Kinder [...] zu reichen.“
Begleitung bei der Geburt früher und heute
Noch Mitte des 20. Jh. war es üblich, dass Hebammen erst zur Geburt in Aktion traten. Zudem gab es für ihren Berufsstand strenge Vorschriften, die ihre Pflichten, aber auch ihre Lebensweise betrafen (siehe Box).
Gewandelt hat sich das Berufsbild der Hebammen erst ab den 1950er Jahren. Neben dem erweiterten Vorsorge-Angebot hat sich vor allem der Bereich Geburt verändert. Lange Zeit gab es nur Hausgeburten. Heute stehen Frauen drei Möglichkeiten zur Verfügung: Hausgeburt, das (private) Geburtshaus oder der Kreißsaal. Bei Hausgeburt und Geburtshaus kann auch die (vertraute) freischaffende Hebamme die Geburt begleiten, im Kreißsaal übernimmt das für gewöhnlich die diensthabende Hebamme.
Zurückhaltung trotz Stressistuation
Grundsätzlich ist die Hebamme bei der Geburt für das Wohl des Kindes und der Frau verantwortlich: Sie überwacht die Werte, hilft bei der Schmerzbekämpfung, motiviert die Frau und sorgt für eine stressfreie Umgebung. „Es ist vergleichbar mit einer Bergtour“, erklärt Maria Balassa, Hebamme im Bezirkskrankenhaus Hall. Man begleite die Frau auf dem anstrengenden Weg und gebe ihr Sicherheit. Die Hauptarbeit leiste aber die Schwangere. „Es gehört zur Hebammenkunst, so wenig wie möglich in diesen natürlichen Prozess einzugreifen“, weiß Balassa, „trotzdem muss man den Punkt erkennen, wo Unterstützung notwendig ist.“ Bei ernsten Komplikationen wird zudem ärztliche Hilfe beansprucht.
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Nachversorgung und Wochenbett
Auch die Nachversorgung ist im Vergleich zu früher ausgebaut worden. Nach der Geburt begleitet die Hebamme die Neugeborenen und deren Eltern oft noch durchs ganze erste Jahr. Dabei geben sie z.B. Ratschläge in Bezug auf Stillen, Babypflege oder eventuelle Wochenbett-Depression und behalten die Rückbildungsvorgänge bei der Frau im Auge.
Julia Ecker; tirol.ORF.at