Südtirols erste Bergführerin will hoch hinaus

Die Südtirolerin Michaela Egarter aus Niederdorf ist eine Ausnahmeerscheinung. 2015 absolvierte sie als erste Frau in Südtirol die Bergführerprüfung. Seitdem erarbeitete sie sich in der Männerdomäne einen guten Stand.

Sie wagt sich in die steilsten Wände und kämpft sich auf die höchsten Gipfel. Michaela Egarter führt Gäste durch anspruchsvolle Ski- und Klettertouren, die Dolomiten gehören dabei zu ihrem Stammrevier.

In Österreich und in der Schweiz gibt es bereits seit einigen Jahren Bergführerinnen, in Südtirol war Michaela Egarter die erste. „Ich war die einzige Frau im Kurs und wurde weder bevorzugt noch benachteiligt. Es wurden an mich dieselben Anforderungen wie an meine männlichen Kollegen gestellt. Natürlich wurde mir oft und viel auf die Finger geschaut, aber ich glaube, in den Augen meiner Kollegen und Ausbilder war ich weit mehr Bergkameradin als Frau“, sagt sie und lacht.

Bergführerin Skitour

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Skitouren sind die große Leidenschaft von Michaela Egarter

Kursänderung im Leben

Michaela Egarter ist gelernte Krankenpflegerin. Als ihr Vater schwer erkrankte, änderte sich ihr Leben: zunächst die Pflege zu Hause, dann die Übernahme der kleinen Fremdenpension, was in Italien nicht mit einem Job im öffentlichen Dienst vereinbar ist.

Daraufhin vollzieht Michaela einen Neustart: Sie kündigt ihre sichere Anstellung und zieht in eineinhalb Jahren die Ausbildung zur Bergführerin durch. Dabei hat sie erst mit 29 Jahren zu klettern begonnen und war als Jugendliche nicht einmal schwindelfrei. "Das Bergsteigen hat mir oft in schwierigen Situationen aus der Misere geholfen, einen anderen Blickwinkel einzunehmen. Es ist schön, immer wieder „Neuland" zu entdecken“, so Michaela Egarter.

Bergführerin Skitour

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Als Bergführerin ist für Egarter Kraft weniger entscheidend als Technik

Gute Zusammenarbeit mit Männern

Um die anspruchsvolle Ausbildung zur Bergführerin zu schaffen, muss man eine Alleskönnerin am Berg sein, und Michaela Egarter beweist das Tag für Tag. „In den ganzen Jahren, in denen ich jetzt am Berg bin, hatte ich nie Probleme mit männlichen Kollegen. Dabei war ich bis jetzt fast ausschließlich mit Männern unterwegs“, erklärt Michaela Egarter.

Energie durch Bewegung in der Natur

Bei den Gästen gibt es allerdings manchmal anfängliche Skepsis. Nichtsdestotrotz ist sich die Bergführerin sicher, ihren Traumberuf gefunden zu haben: „Draußen zu sein, das Zwitschern der Vögel und das Gurgeln des Bächleins zu hören, die frische Luft einzuatmen, die wärmenden Sonnenstrahlen auf der Haut zu spüren, das bedeutet für mich, Energie zu tanken. Wenn wir uns bewegen, bewegen sich auch unsere Gedanken.“

Michaela Egarter sind inzwischen andere Frauen gefolgt, in Kürze wird Südtirol fünf Bergführerinnen haben.