BP-Stichwahl muss wiederholt werden

Wegen Verstößen gegen das Wahlrecht muss die Stichwahl zur Bundespräsidentenwahl wiederholt werden. Das hat der Verfassungsgerichtshof am Freitag verkündet. In Tirol gab es Unregelmäßigkeiten in den Bezirken Schwaz, Reutte, Ibk-Land und Kufstein.

Von den bei der Briefwahl festgestellten Unregelmäßigkeiten waren laut VfGH-Präsident Gerhart Holzinger 77.926 Stimmen betroffen. Eine Wiederholung nur in den betroffenen Bezirken wäre seinen Angaben zufolge aber technisch nicht möglich gewesen. Festgehalten wurde vom VfGH-Präsidenten, dass das Verfahren keinen Hinweis auf konkrete Manipulation gebracht habe.

Unregelmäßigkeiten in vier Bezirke in Tirol

Für die Aufhebung maßgebliche Unregelmäßigkeiten bei der Briefwahl-Auszählung stellte das Gericht in 14 Bezirken österreichweit fest - vier davon sind in mit Innsbruck-Land, Schwaz, Kufstein und Reutte in Tirol. Betroffen waren insgesamt 77.926 Stimmen - womit bei einem Vorsprung Alexander Van der Bellens auf Norbert Hofer von nur 30.863 Stimmen ein Einfluss auf das Wahlergebnis denkbar ist.

  • Im Bezirk Innsbruck Land wurden die Wahlkarten wie gesetzlich vorgeschrieben zwar erst am Montag ab neun Uhr ausgezählt, aber bereits am Wahlsonntag geöffnet. Die Auszählung wurde an Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft delegiert.
  • In Kufstein wurde ein Teil der Wahlkarten eine Stunde zu früh geöffnet. Die Öffnung wurde nicht durch die Beisitzer überwacht, sondern fand mit einer Maschine im Stock darüber statt.
  • In Schwaz wurden die Wahlkarten vorsortiert. Die Beisitzer beschlossen zudem einstimmig, bei der Auszählung der Briefwahlstimmen am Montag nicht anwesend sein zu müssen.
  • In Reutte wurden die Wahlkarten ebenfalls vorsortiert. Aufgeschnitten und ausgezählt wurden die Briefwahlstimmen gemeinsam mit Beisitzern am Montag ab 9.00 Uhr.

Neuwahl nur in betroffenen Bezirken undenkbar

Eine Wiederholung nur in den betroffenen Bezirken ist laut Holzinger technisch allerdings nicht möglich. Dies deshalb, weil die dortigen Briefwähler die Möglichkeit hatten, mit ihrer Wahlkarte in einem anderen Bezirk zu wählen. Im Fall einer Wahlwiederholung in ihrem Heimatbezirk wären sie also erneut zur Urne gebeten worden, ohne dass die „alte“ Stimme deshalb ungültig geworden wäre. Eine „Doppelwahl“ einzelner Wahlberechtigter könnte also nicht ausgeschlossen werden.

Bundesweit zu wiederholen war die Wahl aber auch, weil der zweite vom Gericht festgestellte Mangel - die vorzeitige Weitergabe von Wahlergebnissen durch die Behörden an Medien und andere Interessierte - das ganze Bundesgebiet betraf, betonte Holzinger.

Reaktionen aus den Parteien

Die Tiroler FPÖ spricht nach der VfGH-Entscheidung von einem „guten Tag für Österreich, für die Demokratie und für die Justiz“. Die Grünen meinten, die angeordnete Wiederholung der Wahl sei „zu akzeptieren“. Auch für LH Günther Platter (ÖVP) ist die Entscheidung zu respektieren und umzusetzen. SPÖ-Chef Ingo Mayr bezeichnete das Urteil als „Ausrufezeichen hinter Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“.

FPÖ: Es gab massive Mängel

Das heutige Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes gibt den österreichischen Bürgern das Vertrauen in den Rechtsstaat zurück, zeigte sich FPÖ-Chef Abwerzger zufrieden. „Es beweist, dass massive Mängel bestanden haben, die nun korrigiert werden müssen. Beide Kandidaten haben darunter nun zu leiden gehabt. Ich hoffe auch, dass nun die politischen Gegner das Erkenntnis des Gerichtes anerkennen“, meinte Abwerzger weiters. Norbert Hofer wäre der perfekte Bundespräsident und man werde ihn hundertprozentig unterstützen. „Ab Montag sind wir daher im Wahlkampf. Tirol will und braucht Hofer als Staatsoberhaupt. Hofer, jetzt erst recht“, sagte der Landesparteichef.

Grüne von Van-der-Bellen-Sieg überzeugt

„Auch wenn kein Nachweis auf Manipulation erbracht werden konnte und das Wahlergebnis dem Wählerwillen entsprochen hat, ist das Vertrauen in den Rechtsstaat das Fundament unserer Demokratie“, teilte indes Grünen Landessprecher Hubert Weiler-Auer der APA mit. Er sei „überzeugt davon, dass die breite Wahlbewegung ein weiteres Mal Van der Bellen mit aller Kraft unterstützen wird und die Mehrheit der Österreicher ihn zum zweiten Mal zum Bundespräsidenten wählen wird“. Ein Präsident, der Österreich gut nach außen vertreten könne und nach innen verbinde, sei wichtiger denn je, so Weiler-Auer.

Platter: Entscheidung respektieren und umsetzen

Auch für Platter ist die Entscheidung des VfGH zu respektieren und umzusetzen, „auch wenn es kein gutes Bild abgibt, dass eine Wahl wiederholt werden muss“. „Wahlergebnisse müssen über jeden Zweifel erhaben sein. Wenn der geringste Verdacht auftaucht, dass dies nicht der Fall ist, muss dieser Schritt gesetzt werden“, erklärte der Landeshauptmann. Platter nahm auch die Wahlbeisitzer in Schutz. „Diese Menschen stellen sich ehrenamtlich und engagiert in den Dienst der Demokratie und das Funktionieren der Wahlabläufe“, fügte der Landeshauptmann hinzu.

Mayr: Vertrauen beschädigt

Die Schlampereien und Formfehler im Rahmen der Stichwahl um das Amt des Bundespräsidenten hätten das Vertrauen in unseren Rechtsstaat und die Demokratie beschädigt, erklärte SPÖ-Chef Mayr. Es sei jedoch zu keiner Manipulation des Wahlergebnisses gekommen, betonte der SPÖ-Chef. „Das Ergebnis hat dem Willen der Menschen in unserem Land entsprochen, die Umsetzung der gesetzlichen Grundlagen aber nicht“, fügte er hinzu.

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